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Nossen, Siebenlehn und die Umgegenden für die Königl. Amtshauptmannschaft zu Meißen, das Königl. Amtsgericht und den Stadtrath zu Wilsdruff. Zweiun-vierzigfter Vahrgang. Erscheint wöchentlich 2 Mal (Dienstag und Freitag AbonnementSpreiS vierteljährlich 1 Mark Eine einzelne Nummer kostet 10 Pf Jnseratenannabme Montags u. Donnerstag- bi» Mittag 1L Uhr. Erscheint wöchentlich 2 Mal Dienstag und Freitag.) Abonnementspreis vierteljährlich 1 Mark. Eine einzelne Nummer kostet 10 Pf. Jnseratenannabme Montags u. Donnerstags bis Mittag 12 Uhr. Wochenblatt für Wilsdruff, Tharandt, Nr. 69. Dienstag, den 29. August 1882. .5 . " ' '' ....... ..... .. Bekanntmachung, die Beschäftigung jugendlicher Arbeiter betreffend. Nach art. 1, Z 138 des Reichsgesetzes, betreffend die Abänderung der Gewerbeordnung, vom 17. Juli 1878, hat, wenn jugendliche Arbeit-w — Kinder im Alter zwischen 12 und 14 Jahren oder junge Leute im Alter zwischen 14 und 16 Jahren — in Fabriken beschäftigt werden sollen, der Arbeitgeber vor dem Beginn der Beschäftigung der Ortspolizeibehörde eine schriftliche Anzeige zu machen. In dieser An zeige sind die Fabrik, die Wochentage, an welchen die Beschäftigung stattfinden soll, Beginn und Ende der Arbeitszeit und der Pausen, sowie die Art der Beschäftigung anzugeben. Eine Aenderung hierin darf, abgesehen von Verschiebungen, welche durch Ersetzung behinderter Ar beiter für einzelne Arbeitsschichten nothwerdig werden, nicht erfolgen, bevor eine entsprechende weitere Anzeige der Behörde gemacht ist. Da diese Anzeigen von den meisten Arbeitgebern bisher unterlassen worden sind, so werden sämmtliche Arbeitgeber des hiesigen Be zirks, welche gegenwärtig jugendliche Arbeiter beschäftigen, hierdurch angewiesen, die vorgeschriebene schriftliche Anzeige, bei Vermeidung von Geldstrafe bis zu 30 Mark oder entsprechender Haftstrafe bis zum 11. September d. I. der zuständigen Ortspolizeibehörde — dem Bürger meister bez. Gemeindevorstande oder Gutsvorsteher — zu erstatten. Die Herren Bürgermeister von Wilsdruff und Siebenlehn, sowie die Herren Gemeindevorstände und Gutsvorsteher aber werden darauf hingewiesen, daß sie die eingehenden Anzeigen nach tz 19, Absatz 2 der Verordnung vom 15. November 1878 auf ihre Richtigkeit und Voll ständigkeit zu prüfen, eventuell zur Verbesserung oder Vervollständigung zurückzugeben und alsdann nach H 1b, Absatz 1 der Verordnung vom 22. August 1874 weiter an die unterzeichnete Königliche Amtshauptmannschaft zu befördern, übrigens auch darüber sorgfältig zu wachen haben, daß diese Anzeigen künftighin vor dem Beginne der Beschäftigung jugendlicher Arbeiter bez. vor jeder Aenderung in der angezeigten Beschäftigung erstattet werden. Meißen, am 22. August 1882. Königliche Amtshauptmannschaft. v. Bosse. —— Nächsten Donnerstag, Len S» Sruguft »s. ^s., Nachmittags 6 Uhr, öffentliche StaLtgemein-erathssiHurrg. Wilsdruff, am 28. August 1882. Der Stadtgemeinderath. Ficker, Brgmstr. Bekanntmachung. Zu dem am Sedanfeste vormittags 10 Uhr im Schulsaale stattfindenden Gckulaktus werden die hiesigen Behörden, die Eltern und Erzieher der Kinder, sowie alle Freunde der Schule hierdurch freundlichst eingeladen. Wilsdruff, den 28. August 1882. Der Direktor der städtischen Schulen. Gerhardt. 1. 2. 3. 4. 5. «»ir» »L Gesang: „Lobe den Herren". g Verlesen einer Bibellektion. Festrede (Herr Lehrer Bornemann). Gesang: 7,Ich hab mich ergeben". Deklamation: 0 n. „O Deutschland, herrl. Vaterland". a' b. „Der 19. Juli 1870". Gesang: „Den König segne Gott". Deklamation: a. „Zur Sedanfeier". b. „Deutscher Siegessang". Gesang: „Deutschland, Deutschland". Schlußgebet. Tagesgeschichte. Traurige Zahlen sind es, die das von der königlich Württem- bergischen Centralstelle für die Landwirthschaft herausgegebene Wochen blatt da veröffentlicht. Nach offiziellen Ermittelungen haben im Jahre 1880 in Bayern 3739 Zwangsverkäufe von landwirthschaft- lichen Anwesen stattgehabt, deren Ursachen wie folgt angegeben werden. 1) Ungünstige Gutsübernahme und Schuldenstand in 2684 Fällen. Dahin gehören u. A. zu theure Uebernahme der Höfe, die Unerschwinglichkeit der Zinsen und Ziele, Zukanf von Gütern, Wechsel schulden und Wucher. Die beiden letzten in 448 Fällen. 2) Unwirth- schastliches Verfahren in 2296 Fällen. Dahin gehören: Trunksucht, Spielsucht, Trägheit, leichtsinnige Bürgschaftsleistung, Liederlichkeit und Verschwendung in 1169 Fällen, Prozeßsucht und, damit auch gar nichts fehlt: Jagd.und Wilderei. 3) Geschäftsunerfahrenheit in 832 Fällen. Darunter sind zu zählen: leichtfertige Eheschließungen, verfehlte Spe kulationen, kostspieliges Bauwesen, Führung von Bierwirthschaften auf den Bauernhöfen in 182 Fällen. 4) Naturereignisse in 586 Fällen, nämlich: schlechte Ernten, Dürre, Ueberschwemmung, Brand, Hagelschlag, Unglück im Viehstand. 5) Ungünstige Lage der Landwirthschaft über haupt in 288 Fällen. — Es ist begreiflich, bemerkt das genannte Blatt hierzu, daß die Zwangsversteigerungen oft durch mehrere der genannten Ursachen entstanden sind, und daß die vorn angegebenen Zahlen größer erscheinen, als die Zahl der Zwangsverkäufe. That- sächlich ist aber, daß mehr als die Hälfte derselben von den Guts eigenthümern selbst verschuldet worden sind. Die Vcrlumpung ist theil weise so weit gegangen, daß 953 Anwesen mit 5394 Hektar, wovon weit mehr als die Hälfte in Altbayern, gar nicht mehr bewirthschaftet wurden. Das Verbrecher-Album der Berliner Polizei ist bereits zu stattlichem Umfange angewachsen. Es zählt jetzt 2135 Photographien von 663 Mördern Einbrechern und Räubern, 291 Taschendieben, 143 Ladendieben, 191 Schlasstellendieben, 153 Fälschern und Hochstavlern, 153 Bauernfängern, 386 Paletot-, Boden-, Kolli- und Billarddieben, sowie von 155 Frauenzimmern. Die seit einiger Zeit in der Pariser Presse wieder stark betriebene Deutschenhetze übt ihre Wirkung. Der deutsche Turnverein hat seit Jahren in demselben Lokale Rue St. Marc seine gewöhnlichen Ver sammlungen abgehalten, wobei stets deutsche Lieder gesungen wurden. Der Polizeikvmmissar' des Stadtviertels hat nun den Vorstand des Vereins aufgefordert, das Singen fürderhin zu unterlassen, da er da von unterrichtet sei, daß Patrioten die Absicht hätten, solches zu ver hindern, und er außer Stande sei, dem Verein polizeilichen Schutz zu gewähren. Da in einiger Tagen voraussichtlich entscheidende Schläge in Egypten fallen werden, so beeilen wir uns, unseren Lesern eine kurze Schilderung von der dortigen miiitärischen Lage der Dinge zu ent werfen. Arabi Pascha hat zwei feste Stellungen inne: die erste bei Kafr-ed-Dauar, 35 Kilometer östlich von Alexandria und eben so weit südlich von Abukir, an der Eisenbahn nach Benha, das 150, und Kairo, das 209 Kilometer entfernt ist; die zweite bei Tell-el-Kebir, 70 Kilometer westlich von dem am Suezkanal gelegenen Jsmailia, an der von dort über Zagazig nach Benha führenden Eisenbahn, ebenfalls 70 Kilometer weit entfernt. Beide Stellungen sind also durch Eisen bahn verbunden, die ganze Entfernung beträgt 220 Kilometer. Arabi Pascha kann daher auf telegraphische Meldung, je nach Bedürfniß, binnen 6 Stunden Streitkräfte von Kafr-ed-Dauar nach Tell-el-Kebir oder umgekehrt von hier nach dort werfen. Da nun die Engländer den Suezkanal als Opcrationsbasis gewählt haben, wobei das Ziel offenbar der Besitz Kairos ist, so wird die Entscheidung wohl bei Tell-el-Kebir fallen, wohin Arabi Pascha, der Sachlage Rechnung tra gend, auch abgegangen ist. Hiernach wäre also Arabi gar kein so schlechter Stratege und seine Lage keineswegs zum Verzweifeln. Tell-el-Kebir soll mit 25,000 Mann, darunter 15,000 altgediente Krieger, besetzt und durch 60 Geschütze vertheidigt sein. Die Stellung ist gul befestigt, es handelt sich also hauptsächlich darum, ob sie dem überlegenen eng lischen Geschützfeuer lange Widerstand wird leisten können. — Aus den egyptischen Händeln kann sich noch Manches entspinnen, wovon man jetzt noch nicht träumt.