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Kousumeulcu nicht geschädigt würden. Der Reichskanzler wünscht ernste Erwägung der Vorlagen in einer Kommission, der Reichstag möge, in welcher Form immer, klare Stellung zu der Frage nehmen. Der „N. K." schreibt: Erheiternd wirkt in dieser ernsten Zeit eine Auffassung der Orientdebatte im Reichstag, die wir der sozialdemokratischen „Berl. Freien Presse", dem Organ des Kleister gelehrten Most, verdanken. Danach hat — Liebknecht die bedeutendste Rede gehalten, und Bismarck's Erklärung war ihr gegenüber höchstens eine lumpige Causerie ohne politischen Werth. „In der ausgezeich neten Rede unseres Genossen" — sagt der biedere Most, der es selber zu glauben scheint — „sind die Hiebe hageldicht gefallen, und der Reichstag wurde perplex und mäuschenstill, als er die Bemerkung machen mußte, daß es ein Sozialdemokrat war, der da erst den Nagel auf den Kopf traf." Rührende Bescheidenheit fürwahr. Interessant ist cs jedenfalls ferner, daß mehrere sozialistische Blätter über die Rede Bismarck's nur wenige Zeilen oder gar nichts, dagegen den vollen Wortlaut der geistreichen Elaborationeu des Volkstribunen Liebknecht brachten. Der heilige Geist hat diesmal in den Cardinälen in Rom mit moderner Dampskraft gearbeitet. Am 20. Februar schon, dem dritten Tage des Conclave, war der neue Papst fertig: Cardinal Pecci. Er hat sofort unter dem Namen Leo XIII. den päpstlichen Stuhl bestiegen und dann vom Balkon der Peterskirche aus den Segen ertheilt. Er ist 68 Jahre alt, in Carpinoto im frühern Kirchen staat geboren, ein Mann von selbstständigem Geist und fähig, der römischen Politik eine neue Richtung zu geben; ob auch geneigt, weiß man nicht; doch glaubt man, er gehöre der gemäßigten Partei an. Er ist ein energischer, fast herrischer Mann, stolz und von vornehmem Auftreten, bei Kollegen und Untergebenen wenig beliebt. Loudon, 23. Februar. Der „Standard" meldet aus Kon stantinopel vom 21. Februar: Der Zar tclegraphirte au den Sultan, er werde die Unterhandlungen abbrechen und Konstantinopel besetzen, wenn der Friede nicht rasch geschloffen werde. Konstantinopel, 23. Februar. Es verlautet, daß die Friedens präliminarien noch vor dem 2 März zum Schluffe gebracht würden. London, 23. Februar. Das „Bureau Reuter" meldet aus Konstantinopel von gestern, die russischen Friedensbedingungen hätten einen Artikel enthalten, wonach die sechs größten türkischen Panzer schiffe Rußland überlassen werden sollten, weil andernfalls die Pforte dieselben an England verkaufen könne. Der Sultan erhob Wider spruch, er würde die Schiffe lieber zerstören, als versprechen, die Schiffe einer fremden Macht abzutreten. Der Zwischenfall wurde er ledigt durch die Verpflichtung des Sultans, die Panzerschiffe nicht an England abzutreten, während Rußland die Forderung der sofortigen Ueberlieferung der Schiffe zurückzog. Der Friedensabschluß ist soweit gediehen, daß die Unterzeichnung bevorstehe, es gelte für wahr scheinlich, daß der Großfürst Nikolaus den Sultan in Konstantinopel besuche. Petersburg, 22. Februar. Der „Golos" betont in einem sehr scharfen Artikel gegen die Verzögerungen der russisch-türkischen Ver handlungen, daß es Zeit sei, den sich in die Länge ziehenden Ver handlungen ein Ende zu machen. Entweder solle das britische Ge schwader sich in die Besikabai zurückziehen, oder die Pforte solle den handgreiflichen Beweis erhalten, daß sie vergeblich auf die Anwesen heit britischer Monitors im Marmarameer rechne. Man solle der Türkei Mündigen, daß, falls der Frieden an einem gewissen, mög lichst baldigen Tage nicht unterzeichnet werde, die Feindseligkeiten Wieder ausgenommen würden. Gespräch über eine socialdcmokrtttische Versammlung. (Schluß.) Karl. Ja, da müssen aber doch in jeder Fabrik immer eben soviel Arbeiter sein, wie im Anfänge. Wenn's nun einem nicht mehr gefällt und er weiter will? Heinrich. Das weiß ich weiter nicht. Du mußt auch nicht immer dazwischen reden. Also, nun wird für jede Cigarrenfabrik die Arbeit ausgetheilt, und dann wird in der Fabrik tüchtig gearbeitet; und alle sind da gleich; Einer arbeitet wie der Andere, weil Einer so viel verdient wie der Andere. Karl. Denkst Du? Da wird's wohl auch Fleißige und Faule geben. Wie wird's denn da mit dem Faulen? Wird der etwa mit Strafen zur Arbeit getrieben? Aber wie kann denn Einer gestraft werden vom Anderen, wenn alle, wie ich das einmal gehört habe, bei den Socialisten gleiche Brüder sind. Oder darf etwa der Fleißige nicht mehr machen als der Faule. Da wird zuletzt wohl alle Arbeit aufhören, denn der rechte Faule macht am liebsten gar nichts. Heinrich. Nein, das geht nicht. Jeder arbeitet so viel er kann. Karl. Schön gesagt. Aber es kann doch nur Jeder arbeiten, so viel er will. Und der Faule will nicht; da sind wir auf dem alten Flecke. Und wenn nun der Fleißige sieht, daß seine Arbeit nicht mehr gilt, wie die des Faulen, da wird er sich doch hüten mehr zu machen, als der Faule; und wie viel wird dann in solch einer Fabrik fertig werden? Heinrich. Da kannst du recht haben. Aber du mußt nur nicht gleich auch das Schlimmste denken. Karl. Das ist nichts Gedachtes. Ich habe davon gelesen, daß solche Nationalwerkstätten, wie man das Ding genannt hat, in Paris uud Madrid gewesen sind, aber sie haben Bankerott machen müssen, weil zuletzt Keiner arbeiten, aber Alle Lohn haben wollten. Heinrich. Da wird's dort schon aus einem andern Tone gehen. Karl. Aber nun paß nur auf Heinrich. Wir wollen mal den Fall setzen, es wären lauter fleißige Leute, die alle arbeiten wollten und könnten; kann denn da nun auch Einer arbeiten wie der Andere? der Eine hat doch einen anderen Merks wie der Andere, und die Arme und die Kraft in den Arinen sind auch verschieden. Heinrich. Da hast du Recht. Karl. Nu, siehst du. Da ist's mit der Gleichheit der Arbeiter wieder aus. Freilich habe ich gelesen, daß so ein Anführer gesagt hat: „Jeder hat diejenige Arbeit zu verrichten, zu der er am meisten Geschick hat. Also wer in der Schule gescheidt ist, kann Minister werden, wer untensitzen bleibt, kann Rüben aufladen." Aber ich dächte, das könnte er jetzt auch. Heinrich. Nein, doch nicht so gut. Jetzt wird's uns Armen doch recht schwer gemacht, in die Höhe zu kommen ; aber hernach ver steht sich das von selber. Karl. Meinst du? Aber wenn Einer in die Höhe kommen will, müssen doch immer Andere unter ihm, unten sein. Werden die das wollen? Werden die nicht ebenso klagen wie jetzt; ja noch mehr, weil ihnen ja gesagt worden ist, daß Alle gleich seien. Oder soll etwa der Minister heut regieren und morgen Rüben laden, und der Rübenlader heut morgen regieren? Heinrich. Das wird sich doch nicht gut machen. Karl. Darum also. Zu schweren Handarbeiten wird Niemand von selber sich anbieten. Und ihn dazu zwingen, das wäre doch ungerecht im Socialistenlande, wo alle gleich sind. So wird die schwere Arbeit wohl einfach abgeschafft werden müssen. Heinrich. Ja, das wird nur nicht gehen. Etwa mit Maschinrn die schwere Arbeit machen? Karl. Aber Maschinenbauen heißt doch auch eine schwere Arbeit? Freilich wenn's überall so ginge, wie das Einer gerathen hat, der gesagt hat, wenn keiner mehr Barbier werden wollte, da müßten sich eben alle den Bart wachsen lassen. Heinrich. Ha, ha. Das Barbieren ist doch keine schwere Arbeit. Karl. Wie du's nimmst. Zuletzt denkt doch Jeder von seiner Arbeit, daß sie schwer ist. Aber wenn's nun auch mit dem Barte so ginge, daß ihn sich Jeder wachsen ließe, auch der, dem sein eigener Bart nicht gefällt — es wäre das kein Unglück — wie wäre es denn nun, wenn sich Niemand mehr fände, der das Getreide ernten oder die Steinkohlen aus der Erde holen wollte? Da könnten wir doch nicht sagen: nun so blieben sie eben stehen. Heinrich. Ja, das ist freilich ein närrisch Ding. Da müßten doch wohl die, welche am besten dazu passen, dazu gezwungen werden. Karl. Da hast du den Zwang in deiner freien Socialdemokratie. Und ich sage dir: nirgends wird der Mensch mehr gezwungen als da, wenn die Volksschreier auch immer und immer wieder sprechen, daß bei ihnen nur die Freiheit sei. Denn die Gesellschaft hat dann alles zu sagen, der Einzelne nichts. Und in der Gesellschaft da herrschen eben die Anführer, die die Gesellschaft leiten. Also wär's im besten Falle schlimmer als jetzt, wo doch Jeder seinen Beruf frei sich wühlen kann. Heinrich. Na, so arg ist's doch nicht. Karl. Doch, und weil die Menschen einmal verschieden sind, so werden auch immer verschiedene menschliche Verhältnisse bleiben. Das läßt sich nicht wcgbringen, auch durch keine socialistischen Reden. Thue nur Jeder an seiner Stelle seine Pflicht als Mensch und Christ, dann wird auch Jeder zu leben haben. Heinrich. Höre du, du scheinst mir auch ein rechter Reaktionär zu sein. Karl. Nur ein vernünftiger Mensch, der die Sachen nimmt wie sie sind. — Doch du hattest mir wohl noch mehr zu erzählen? Heinrich. Ich habe heut die Lust verloren. Auch muß ich machen, daß ich nach Hause komme, sonst zankt meine Frau; es hat ihr so schon gestern ber der Versammlung zu lange gedauert. Karl. Na da sag ihr nur, daß die Weiber in der Socialdemo- kratie in die Ehe und aus der Ehe laufen können, wie sie wollen, dann wird sie sich schon beruhigen. Heinrich. Da käme ich schön an. Das ist auch gar nicht wahr. Karl. Freilich; wir reden ein ander Mal davon. Du mußt mir auch noch mehr von deiner Volksversammlung erzählen. Denn du hast mir noch nicht gesagt, wie das mit dem gleichen Verdienste gemacht wird, und wie da Jeder erhält, was er braucht. Heinrich. Na, das ist ganz einfach, du wirst dich wundern, wenn ich dir das sage. Karl. Das denke ich auch. Vermischtes. Gegen Diphteritis, diese mörderische Kinderkrankheit, soll sich nach Versuchen, welche Medizinalrath vr. Fiedler in Dresden anstellte, feuriger spanischer oder portugiesischer Wein als sehr wirk sam erweisen. Heute sind wir in der Lage, ein zweites Mittel an- zugeben, vor dessen Anwendung wir jedoch rathen, einen Arzt zu cousultiren. Ein Korrespondent der „Victoria-Zeitung" schreibt: „Sollte Jemand in seiner Familie von Diphteritis (brandige Rachen bräune) befallen sein, so erschrecke er nur nicht so sehr, denn sie ist leicht und schnell zu heilen. Als vor einigen Jahren diese Krankheit in England herrschend war, begleitete ich den Doctor Field auf seinen Touren, um Zeuge zu sein von seinen sogen. „Wunderkuren", welche er mit gutem Erfolge verrichtete, während die meisten Patienten der anderen Aerzte hinstarben. Das Mittel, welches so schnell wirkte, war einfach. Er nahm nichts weiter als gestoßenen Schwefel und eine Federspule. Damit heilte er die Patienten fast ohne Aus nahme. Er warf einen Theelöffel voll Schwefel in ein Weinglas voll Wasser und rührte den Schwefel mit seinem Finger, anstatt des Löffels, weil der Schwefel sich sonst mit Wasser nicht schnell ver bindet. Wenn dann der Schwefel gut gemischt war, gab er ihn znm Gurgeln, und in 10 Minuten war der Patient meist außer Ge fahr. Schwefel tödtet jede Art von Schwämmen au Menschen, Thieren und Pflanzen in wenigen Minuten. Anstatt das Gurgel wasser auszuspuckeu, empfiehlt er das Verschlucken desselben. In außergewöhnlichen Fällen, wenn der Grad der Entzündung das Gur geln nicht mehr erlaubte, blies er den Schwefel durch eine Feder spule in den Hals, uud ließ erst gurgeln, nachdem die entzündete Haut zusammengeschrumpft war. Wenn der Patient durchaus nicht mehr gurgeln kann, so nehme man eine Feuerkohle, streue etwas Schwefel daraus und lasse ihn den Dampf, doch mit Vorsicht, ein- athmen. Auch ist es gut, das Zimmer mit Schwefeldunst insoweit zu schwängern, daß der Patient noch ohne Beschwerde und Gefahr einathmeu kann. Wilsdruff, 25. Februar. Gestern Abend in der 10. Stunde ist in dem benachbarten Blankenstein das Faust'sche Gut durch in demselben entstandenes Feuer vollständig eingeäschert worden. Brand stiftung wird vermuthet. Eingesandt. Es wird für unsere Leser von größtem Nutzen sein, zu erfahren, daß, seitdem das bekannte Kampert'sche Heil- und Zug-Pflaster auch in den Krankenhäusern mit außerordent lichem Erfolg angewandt wird, dieses im höchsten Ruf stehende Lampert's Pflaster nach neuester Vrschrift sehr leicht streichbar und weich in allen Apotheken vorräthig ist. Fabrik be findet sich in Dresden. "WK