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Wochenblatt für die Kmngl. AmLShMptmannschast zu Meißen, das Könist!. Aultsgericht und den Stadlrnth zn Wilsdruff. Erscheint wöchentlich 2 M«I Dienstag und Freitag AbvnnemeniSprei vierteljährlich l Ma k Eine einzelne Nummer kostet 10 Pf. Jnseratenannahme Montags u. Donnerstags bis Mittag 12 Uhr. Erscheint wöchentlich 2 Mal Dienstai und Freitag. UbonnementSyreiS vierteljährlich 1 Mark. Tine einzelne Nummer koste^O Pf. für SM Wilsdruff, Tharandt, Nossen, Siebenlehn und die Umgegenden Nr. 43. Dienstag, den 3. Juni 1884» Kirschen- Verpachtung. Die diesjährige Kirschennutzung auf der Meißen Wilsdruffer Chaussee, Abthlg. 1-3, Donnerstag, den 12. Juni d. I., von Nachmittags 3 Uhr an im Gasthause zum „Riesenstein" in Zscheila an Meistbietende gegen sofortige Bezahlung und unter de» svnstigen vor Beginn der Auktion bekannt zu machenden Bedingungen öffentlich verpachtet werden. Meißen, am 30. Mai 1884. Königl. Straßen- und Wasserban-Jnspection II. Königliche Bauverwalterei. Neuhaus. Diesel DageSgeschichte. Die Pfingstwoche hat überall eine längere oder kürzere Panse in parlamentarischen Thätigkeit, für den österreichischen Reichsrath sogar offiziellen Schluß der Session, gebracht. Auch bei uns ist oos Parlamentarische Stillleben nunmehr ein vollständiges geworden, d" "m Dienstag sich auch die Aktieugesetz-Kommission des Reichstages nach bcnwcter erster Lesung der Vorlage bis zum 9. Juni vertagt hat. An letztgenanntem Tage werden die Mitglieder des Reichstages wohl Wieder Vollständig in Berlin versammelt sein, da an demselben die feierliche Grundsteinlegung zum neuen Reichstagsgebäude stattfindet, worauf am nächsten Tage die Wiederaufnahme der Plenarverhand- lungen des Reichstages erfolgt. Trotz der auf Parlamentarischen! Ge biete herrschenden Ruhe wird jedoch in der Zwischenzeit die Diskussion der politischen Tagesfragen nicht gänzlich verstummen und bietet in dieser Beziehung namentlich die neue Börsensteuer-Vorlage ein recht schätzenswerthes Material dar. Die Aufnahme, welche dieselbe auch in weiteren Kreisen findet, ist im Allgemeinen keine sehr günstige, selbst konservative Organe urtheilen darüber sehr zurückhaltend. Allseitig ist man der Ansicht, daß der neue Stempelsteuerentwurf die Börsengeschäfte außerordentlich erschwert, was zumal von steuerpolizeiiichen Bestim mungen gilt; übrigens ist schon wegen der vorgerückten Jahreszeit eine Erledigung der Vorlage in dem kommenden letzten Abschnitt der Reichstagssession schwerlich mehr zu erwarten. Die Erklärung des Reichskanzlers, daß die Erwerbungen der Bremenser Firma Lüderitz u. Co. in Angra Pequena an der afri kanischen Südwestküste unter dem Schutze der deutschen Flagge stehen, ist in Deutschland allseitig mit Genugthuung begrüßt worden. Die Erwartungen und Wünsche, welche man an diese Erklärung knüpft, mögen vielfach über das Ziel hinausschießen, aber jedenfalls kann man in dem kräftigen Auftreten der Reichsregierung an der Westküste Afri- ka's einen Beweis erblicken, daß Deutschland nunmehr mit Errichtung von Handelskolonien energisch vorgehen will und gesonnen ist, dieselben gegen dir überall sich breitmachende britische Anmaßung zu Vertheidigen. Welchen Eindruck das entschiedene Auftreten der deutschen Regierung in der Angra Pequena-Affaire auf die englischen Regierungskreise ge macht hat, läßt sich noch nicht erkennen; auf eine Anfrage im engli schen Oberhauso in der Sitzung vom 27. Mai beschränkte sich Lord Granville auf die Erklärung, daß die Unterhandlungen zwischen Eng land und Deutschland wegen Angra Pequena noch fortdauerten. In Oesterreich wird die Sozialreform rüstig gefördert. Soeben hat das Abgeordnetenhaus die Abänderung und Ergänzung der Gewerbeordnung durchberathen. Die wichtigsten Bestimmungen, die getroffen wurden, sind der Normal-Arbeitstag und die Regelung der Frauen- und Kinderarbeit. Der Arbeitstag soll künftig nur 11 Stunden dauern, jedoch soll denjenigen Industriezweigen, die den 12stündigen Arbeitstag durchaus nicht entbehren können, die seitherige Arbeitsdauer bewilligt bleiben. Was die Frauenarbeit betrifft, so ist sie für die Nacht verboten, jedoch hat die Regierung das Recht, Aus nahmen zuzulaffen. Kinder unter 14 Jahren dürfen in Fabriken unter keiner Bedingung beschäftigt werden. Außerdem ist es untersagt, jugendliche Personen unter 16 Jahren in Fabriken Nachts und über haupt länger als 8 Stunden zur Arbeit zu verwenden. Gladstone hat sich mit dem Sultan verbündet. Der Ver trag stellt fest, daß die Türkei 15,000 Mann Truppen nach dem Su dan schickt und gemeinschaftlich mit den Engländern den Krieg zu Ende führt. Nach Wiederherstellung der Ordnung haben die Engländer gleichzeitig mit den Türken Egypten zu räumen. Ueber eine schreckliche Windsbraut wird der „Amerik. Corresp." aus Dayton im Staate Ohio geschrieben; Der Orkan fegte über den südlichen Theil von Montgomery und Greene-County dahin und warf Alles nieder, was ihm in den Weg kam. Wälder wurden wie Spreu mit fortgetragen, Zäune wurden auf meilenweiten Strecken niederge rissen, und man schätzt, daß in dieser County allein 20 Wohnhäuser in Ruinen verwandelt worden sind, ganz abgesehen von dem Verlust von anderen Gebäuden, an Vieh und Farmeigenthum. In Alexan- derville, sechs Meilen südlich von hier, wurden mehrere Personen ver letzt und eine Frau getödtet, während eine Sägemühle, Scheunen und anderen Gebäulichkeiten zerstört wurden. Ein kleines Kind wurde vom Sturme erfaßt und 200 Jards weit durch die Luft getragen, doch wurde dasselbe nur leicht verletzt. In Anbetracht der großen Anzahl von Häusern, welche zerstört wurden, muß der Verlust an Menschen leben ganz bedeutend sein. Von Carrolton aus nahm der Orkan einen direkt östlichen Lauf, und seine Kraft war nicht abgeschwächt, als er Jamestown, eine blühende Ortschaft mit 600 Einwohnern, erreichte. Dieselbe soll, mit Ausnahme einiger weniger Gebäude, vollständig zer stört worden sein. Nach allen Richtungen südlich und östlich von hier spotten die in Folge des Orkans stattgehabten Zerstörungen jeder Beschreibung. BaterlänrifcheS. Wilsdruff, am 31. Mai. Gestern wurde ein Werk der Huma nität aber auch der Nothwondigkeit für hiesige Gegend in unserer Stadt geschaffen. Es beschlossen nämlich unter dem Vorsitz des Herrn Bürger meister Ficker die Vertreter der Gemeinden und selbstständigen Güts- bezirke mit einigen Ausnahmen, welche sich erst in einigen Tagen de finitiv erklären können, im hiesigen Amtsbezirke in der Stadt Wilsdruff ein Krankenhaus zu erbauen, sowie eine gemeinsame Gemeindekranken versicherung im Sinne von K 12 des Reichsgesetzes vom 15. Juni 1883 und eine gemeinsame Dienstbotenkrankenkasse zn errichten. Es ist auch bereits ein Platz, auf welchem das Krankenhaus zu stehen kommen soll, angekanft worden, selbstverständlich mit dem Vorbehalte, daß die Medicinalbehörde gegen denselben nichts einzuweuden haben werde. Zu den Kosten, welche durch den Neubau und die innere Einrichtung des Krankenhauses entstehen, hat sich die Stadt Wilsdruff erboten, den dritten Theil beizutragen, die übrigen zwei Dritttheile sind von den betheiligten Landgemeinden und selbstständigen Gutsbezirken zu bezahlen, ferner hat sich die Stadt Wilsdruff bereit erklärt, die Bau kosten denselben gegen eine Verzinsung zu 4 Prozent aus der hiesigen Sparkasse zu leihen, auf Wunsch auch geschehen zu lassen, daß dieselben mit jährlich 1 Procent amortisirt werden. Der Herr Amtshauptmann von Bosse, welcher die Versammlung mit seinem Besuche beehrte, ist warm und wirksam für das Zustandekommen dieses Werkes eingetreten. Eine von der Versammlung niedergesetzte Commission hat nun das weiter Erforderliche zu besorgen und so zu fördern, daß demnächst die schon von derselben berathenen Statuten der Gemeinde- und Dienst botenkrankenkasse sowie ein noch zu entwerfendes Statut für den Kran- keukassenverband, ferner die Unterlagen zur Beschlußfassung über die Vergebung des Kraukenhausnenbaues einer anderweiten Generalver sammlung zur Prüfung und Genehmigung vorgelegt werden können. Eine zweckmäßig eingerichtete Krankenpflege ist eine große Wvhlthat, ihr Segen wird für die Gemeinden der hiesigen Gegend nicht aus bleiben. — Die günstigen Finanzverhältnisse Sachsens beweisen die statistischen Anführungen der ,,Leipz. Ztg." Die Finanzperiode von 1880—81 schloß mit einem Ueberschuß ab und es konnte bereits 1882—83 der Zuschlag zur Einkommensteuer, der in den vorangegange» neu dürren Jahren sich nöthig gemacht hatte, von 50 auf 20 Prozent herabgesetzt werden. Noch günstiger gestalteten sich die Verhältnisse in der Finanzperiode 1882—83. Zwar liegt der Abschluß für 1883 noch nicht vor, doch läßt sich aus dem für 1882 ein ziemlich sicherer Schluß auf das Gesammtresultat der beiden Jahre ziehen. Danach kann man den Ueberschuß dieser Periode auf etwa 12 Millionen M. veranschlagen. So konnte die Regierung in dem Budget für 1884—85 die zu erhoffenden Einnahmen bedeutend höher veranschlagen als in der vorhergehenden Periode — trotzdem, daß diesmal auch der Rest des Zuschlags zur Einkommensteuer in Wegfall gekommen und der Gütertarif der Staatseisenbahneu bedeutend ermäßigt ist. Die Mehr erträge in den Voranschlägen für 1884—85 gegen die vorige Periode betragen im Ganzen weit über 2 Millionen Mark, bei den Eisenbahnen allein etwa 1,300,000 Mark. In Folge dieser günstigen Finanzlage werden u. A. verschiedene größere Ausgaben, z. B. für das neue Aka demiegebäude, nicht (wie fonst wohl üblich) auf das „außerordentliche Budget" gesetzt, d. h. 'durch Anleihen oder sonstige außerordentliche Deckungsmittel übertragen, vielmehr von den ordentlichen Einnahmen bestritten. Auch hat schon seit mehreren Jahren eine bedeutende Ver minderung der Rentenschulden durch Abzahlung stattgefunden. — Der Vorstand des nationalliberalen Vereins für das Königreich Sachsen wird in den nächsten Tagen an die Gesinnungs genossen im Lande einen Aufruf zu den, Zwecke erlassen, um ange- sichts der großen Kundgebungen in Heidelberg, Neustadt und Berlin regeres Leben in die Partei zu bringen und dieselbe zu thatkrästigem Vorgehen anzuspornen. Der Vorstand des nationalliberalen Vereins