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Wochenblatt für Wilsdruff, Tharandt, Rossen, Sievenlehn und die Umgegenden. Amtsblatt für das Königliche Gerichtsamt Wilsdruff und den Stadtrath daselbst. Dieses Blatt erscheint wöchentlich zweimal, Dienstags und Freitags und kostet vierteljährlich 10 Ngr. — Jnseratenannahme bis Montag resp. Donnerstag Mittag. 83. Dienstag, den 21. October 1873. Bekanntmachung, die Jnterimsverwaltung der Amtshauptmannschaft zu Meißen betr. Nachdem das Königliche Ministerium des Innern beschlossen hat, die Jnterimsverwaltung der Amtshauptmannschaft zu Meißen während der Theilnahmc des Herrn Amtshauptmanns von Egidy am gegenwärtigen Landtage dem Herrn Regrerungsräth von Harttmann zu übertragen und demgemäß das Nöthige verfügt worden ist, so wird Solches für Alle, welche mit gedachter Amtshauptmannschaft in ge schäftlicher Beziehung stehen, hierdurch bekannt gemacht. Dresden, den 15. October 1873. Königliche Kreisdirection. von Lönnoribs. Stenz. Der Wilsdruffer Herbstmarkt soll in diesem Jahre am 11. December abgehalten werden. Wilsdruff, den 17. October 1873. Der Stadt rath. Bürgermeister Adv. Drnst Auf Wunsch des Stadtverordncten-Collcgiums ersolgt nachstehend schon jetzt die Veröffentlichung der Gründe, welche den Stadtrath zur Annahme der revidirten Städtcordnung für unsere Stadt bestimmt haben. Wilsdruff, den 17. October 1873. Der Stadtrath. Bürgermeister Adv. Lrnst An das Stadtverordneten Collegium hier. In seiner Sitzung vom 3. dieses Monates ist der Stadtrath be züglich der Frage, welche Städteordnnng für unsere Stadt anzunch- men sei, bei seinem früheren Beschlusse und wiederum mit vier gegen eine Stimme stehen geblieben und ist demnach das in den 227, 228 und 229 der Städteordnnng vorgeschriebcne Verfahren einzulei- ten gewesen. Hiernach theilt der Stadtrath dem geehrten Stadtverordneten- Collegium die Gründe mit, aus welchen er in seiner Majorität dem jenseitigen Beschlusse nicht beitrcten zu können geglaubt hat: Daran, daß die revidirte Städteordnnng, das Ergevniß zunächst des Strebens des allgemeinen sächsischen Slüdtetages und alsdann der Regierung und der Majorität unserer Kammern, auch den Städten, welche sie annehmen, bei weitem mehr materielle und politische Rechte einräumt, als dieselben bisher genossen haben, dürfte wohl nicht ge zweifelt werden können. Es wird Niemand annehmen, daß unsere Regierung und mit ihr ein guter Theil unseres Volkes mit allen Kräften die Erreichung eines leeren Phantomes und eine Einrichtung angestrebt haben, welche die Bürger nicht vorwärts und damit ihnen nicht Lortheile brächte. Wenn man ferner erwägt, daß mit der Revision der gesammten Gemeindegesetzgebung Gesetze sür unser engeres Vaterland erlangt worden sind, die in dem größten Theile Deutschlands bereits Gel tung haben; wenn man erwägt, daß die Landbevölkerung, welche Manche gern als in politischer Einsicht hinter der der Städte zurückstehend bezeich nen, die neue Landgcmcindeordnung als eine Errungenschaft be grüßt hat, trotzdem gerade dieser bei Durchführung derselben vcrhält- nißmäßig größere Opfer in materieller Beziehung erwachsen als den Städten; wenn man erwägt, daß eine genaue Vergleichung der beiden Städteordnungen mit der Landgemeindeordmmg crgiebt, daß die Compctenz der Gemeindevorstände genau so weit geht, wie die der Bürgermeister für mittlere und kleine Städte, — nur die Verwal tung des Jmmobilienbrandcassenwesens haben Letztere vor Ersteren voraus — daß sonach sich eine Stadt, welche die Städteordnung für mittlere und kleine Städte annimmt, in Wahrheit bereits dem Lande gleich stellt, somit stehen bleibt, während Andere vorwärts schreiten; wenn man erwägt, daß durch Einführung der Städteordnnng für mittlere nnd kleine Städte die Ahhängigkcit der Stadt von der jeweiligen Amtshauptmannschaft wenn auch nicht in gleicher, doch in sehr ähnlicher Weise begründet wird, wie sie jetzt hier zwischen dem Stadtrathe und dem Königlichen Gerichtsamte bestanden hat, und dazu noch kommt, daß der geschäftliche Verkehr des Stadtrathes mit der Amtshauptmannschaft außerdem durch größere räumliche Ent fernung erschwert wird; wenn man erwägt, daß die materiellen Opfer, welche von einer Stadt, welche die Städteordnnng für mittlere und kleine Städte an- nimmt, verlangt werden, sich in Wahrheit nnd zwar ganz besonders unter den hier gegebenen thatsächlichen Verhältnissen völlig gleich mit denen herausstellen, wie weiter unten spcciell dargelegt werden soll, welche die Einführung der revidirten Städteordnung verlangt, somit bei Annahme der Städtcordnung für mittlere und kleine Städte man sich wohl Lasten aufbürdet, ohne die gebotenen Hauptvortheile zu erringen; wenn man erwägt, daß von den Städten unter 6000 Einwoh nern, unter welchen sich auch solche befinden, welche bereits die volle Polizei, welche die Anderen jetzt erst erhalten sollen, ausüb- ten, sich bereits 39 und darunter sogar Einige, die an Einwohnerzahl Wilsdruff nachstehen, für Annahme der revidirten Städteordnnng er klärt haben nnd man von den Vertretern dieser Städte wohl auch erwarten darf, baß sie bei ihren Abstimmungen das Interesse ihrer Mitbürger im Auge gehabt haben; wenn man erwägt, daß bei denjenigen Städten, welche die Städtcordnung sür mittlere und kleine Städte angenommen haben, dieser Beschluß, wie der unterzeichnete Concipient dieses bei fast allen diesen Städten darthun kann, wohl gewiß dadurch zur Nothwendig keit geworden ist, daß in jenen Städten nie oder nur höchst selten Juristen ihr bleibendes Domicil anfgeschlagen haben oder bereits der Bürgermeister ein Nichtjurist ist, somit die Lasten der Anstellung eines juristisch gebildeten Bürgermeisters oder besoldeten juristischen Rathsmitgliedes sehr bedeutende hätten werden müssen; wenn man ferner erwägt, daß ein Juristenmaugel in Wilsdruff schon deswegen nicht leicht zu befürchten sein wird, weil wir ein grö-