Archiv für wissenschaftliche Photographie. I. Jahrgang. Heft 8. i. August 1899. Die chemische Wirkung des roten Lichts. 1) Von J. Precht. (Nach Versuchen von J. Precht und M. Heilbronner.) elegentliche Beobachtungen über die auffällig starke Abnahme der photo graphischen Wirkung einer roten Glühlampe mit der Entfernung von der empfindlichen Platte bilden den Ausgangspunkt der im Folgenden mitzuteilenden Untersuchung. Es hatten sich in einem speziellen Falle bei 25 cm Abstand von der roten Lichtquelle sehr viel kleinere Schwellenwerte gefunden als bei 200 cm Abstand. Nachdem durch Vorversuche festgestellt war, dass es sich nicht um zufällige Unterschiede in der Empfindlichkeit der Platten handeln konnte und auch bei sehr merklichen Schwärzungen Differenzen auftraten, die nur durch starke Abweichungen vom Bunsen-Roscoeschen Gesetz erklärbar waren, wurde eine systematische Prüfung des merkwürdigen Zusammenhanges unternommen. Das Inter esse derselben liegt natürlich vor allem in der möglichen Ursache der Abweichungen. Obgleich das benutzte rote Licht nicht homogen war, schien es doch nicht wahr scheinlich, dass es sich um die teilweise Zerstörung der chemischen Wirkung kleinerer Wellen durch den Einfluss der Strahlen grösserer Wellenlänge handeln könne, wie das bei Arbeiten des älteren Becquerel und neuerdings in den Versuchen V. Schumanns hervorgetreten ist. Viel näher liegt die Vorstellung, dass ver schiedene Bruchteile der gesamten Strahlungsenergie in beiden Fällen chemisch wirk sam sind, sei es infolge der verschiedenen Absorbierbarkeit der Strahlen in Luft schichten wachsender Dicke, sei es infolge besonderer Eigenschaften des belichteten Bromsilbers. Vielleicht lässt sich auf dem hier betretenen Wege eine Entscheidung darüber gewinnen, ob man es in der Zersetzung des Bromsilbers durch Licht mit einer endothermen Reaktion zu thun hat. Ich teile zunächst die Versuche mit. 2. Die besondere Schwierigkeit derartiger Versuche liegt natürlich in der sehr geringen chemischen Wirksamkeit des roten Lichtes, die eine lange Expositionszeit und infolgedessen einerseits ein sehr empfindliches Plattenmaterial, andererseits eine über lange Zeiträume konstante, möglichst helle Lichtquelle erfordert. Es kamen sogenannte Röntgenplatten von Schleussner (A.-G.) zur Verwendung, Emulsion 5993. Leider konnten manche zeitraubende Aufnahmen wegen unangenehmer Stellen stärkerer Schwärzung (vermutlich durch die hohe Empfindlichkeit bedingte sogenannte Blau streifen) nicht verwertet werden. Als einwandsfreie Versuchsergebnisse sind nur solche Platten betrachtet worden, bei denen der exponierte Teil eine durchaus gleichmässige, von Flecken freie Schwärzung im Entwickler ergab. Diese war dann in wiederholten Versuchen stets die gleiche, da alle Platten der benutzten Emulsion schnell hinter- 1) Erweiterte Wiedergabe des gleichnamigen Vortrages in der Sektion für wissenschaftliche Photographie der 70. Versammlung deutscher Naturforscher und Ärzte. Düsseldorf 1898. Vergl. Archiv f. wissensch. Phot. I, 25. 1899.