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Rckemuer Anzeiger Erscheint Dienstag, Donnerstag u. SonnabenL. Abonnementspcets einschließlich zwei illustrierter achtseitigen Beilagen sowie eines illustrierten Witzblattes 1,S0 Mk. Zeitung tue EtMch Heiserstes. Inserate kosten die Spalten zell« ober deren Raum 10 Pf., für auswärtige Inserenten 1üPs. Reklamen 20 Pf. Annahme von Anzeigen für alle Zeitungen. Klein- nn- Großölsa, Obernaundorf, Harnsberg, Somsdorf, Coßmannsdorf, Lübau, BorlaS, Spechtritz re. Mit verbindlicher PublikaUonskraft für amtliche Bekanntmachungen. Nummer 138. s-rnsprecher: «mt Deuben 2IS0 Donnerstag, den 23. November 1911. Sernsprecherr Amt Deuben 2120 24. Jahrgang. Hur Nab uns ferv Rabenau, den 23. November 1911. — Vom kommenden strengen Winter wird mit Recht viel gesprochen. Die Annahme ist richtig, daß nach heißen Sommern ein sehr kalter Winter zu kommen pflegt. So war es auch in den Jahren 1811, 1826, 1856, 1857 und 1859. Nur 1834 machte hiervon eine Ausnahme. Wenn es nur vorher erst richtig regnen wollte, denn dem Boden fehlt es immer noch an Feuchtigkeit. Was soll werden, wenn unter diesen Verhältnissen langer Frost eintlilt. — Der hiesige Turnverein 1 stattete am Sonnabend dem Deubener Turnverein trotz schlechten Wetters einen Be such ab. Treffpunkt war die Turnhalle, in der gemeinschaft liches Turnen beider Vereine erfolgte. Es folgte ein geselliges Beisammensein in Börnerts Restauration, bei dem es an ge sanglichen und humoristischen Darbietungen nicht fehlte. — Am Dienstag abend hielt die hiesige Ortskran kenkasse im „Sängerheim" eine ordentliche General- Versammlung ab, die von 5 Vertretern der Arbeitgeber und 34 Vertretern der Arbeitnehmer besucht war. Als Rechnungs prüfer wurden gewählt die Herren Oskar Wolf, Lindner und Gehmlich, als deren Stellvertreter die Herren Kurt Fuhrmann und Jordan. Die Vorstandsmahlen ergaben die Wiederwahl der ausscheidenden Herren Alfred Brückner, Hennersdorf und Hoffmann. Anträge waren keine eingegangen. Aus der so dann zum Vortrag kommenden Geschäfts-Uebersicht für die Monate Januar dis Oktober 1911 ging hervor, daß die Ein nahmen Mk. 36 340 und die Ausgaben Mk. 35 665 (U ber- schuß Mk. 675) betrugen, gegen Nik. 34 760 Einnahmen und Mk. 32 758 Ausgaben (Ueberschuß Mk. 2002) im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Auf ein Anschreiben der Kgl. Amts- haupimannschafl hin wurde der Beitrag für den Fürsorge- Verband zur Bekämpfung der Lungentuberkulose von Mk. 25 im vorigen Jahre auf 15 Pfg. pro Mitglied festgesetzt, welcher Betrag event. bis aus 20 Pfg. pro Mitglied erhöht werden soll. Um die Vertreter der Ortskrankenkasse mit den gemein nützigen Bestrebungen des Fürsorge-Verbandes näher bekannt zu machen, ist seitens des Herrn Vorsitzenden ein Vortrag hier über in Rabenau durch den Bezirksarzt in Aussicht gestellt. Weiter wurde noch eine interne Angelegenheit besprochen. — Auf Blatt 206 des Handelsregisters ist die Firma Wünschmann u. Rosenthal, G. m. b. H. mit dem Sche in Rabenau und weiter folgendes eingetragen worden: Der Gesellschaftsvertrag ist am 14. November 1911 abgeschloffen worden. Gegenstand des Unternehmens ist der Erwerb und die Ausnutzung des dem Kaufmann Karl Robert Wünschmann in Rabenau vertraglich bis Ende 1922 gesicherten Allein- Vertriebsrechtes der Produkte der Braunsdorfer Do'omit- C^meut-Kalkwerke Vorm. F. Krumbiegel, G. m. b. H. in Braunsdorf bei Tharandt, sowie des von dem Kaufmann Carl Heinrich Rosenthal in Rabenau unter d-Namen Klebosix zum Patente angemeldeten Verfahrens zum Auskleben von Photographien. Die Zeitdauer der Gesellschaft ist bis zum 31. Dezember 1922 bestimmt. Das Stammkapital beträgt 20 000 Mark. Zu Geschäftsführern sind bestellt a) der Kaufmann Karl Robert Wünschmann, 6) der Kaufm. Carl Heinrich Rosenthal, beide in Rabenau. Die Geschäftsführer dürfen die Gesellschaft nur in Gemeinschaft miteinander ver treten. — Wie wir bereits durch Anschlag bekannt gegeben haben, wurde am Ausgange des Bahnhofes Hainsberg am Montag morgen die 22 Jahre alte Olga Richter aus Coßmannsdorf, die in einem Deubener Fabrtkkontor beschäftigt ist, verstümmelt tot aufgcsunden. Sie war von einem Zuge überfahren worden. Unweit ihrer Leiche wurde ihre Fahrkarte gefunden. Man vermutet, daß der Wind die Fahrkarte entführt hat und das Mädchen auf der Suche nach ihr vom Zuge überfahren wurde. Auch wird angenommen, daß die Richter auf einen bereits in Fahrt befindlichen Zug zu springen Mrsucht habe und hierbei ausgeglilten ist. Wie sich das Unglück zugetragen, läßt sich mit Bestimmtheit nicht sagen, da der Unfall ohne Augenzeugen geschehen ist. — Der Antrag des Herrn Abg. Wittig-Rabenau, der ein Gesetz erstrebt, nach dem die Prüfung der Films durch eine hierzu bestimmte Behörde erfolgen soll, rief im Landtag eine längere Debatte hervor. Jetzt ist jede einzelne Gemeinde zuständig. Herr Abg. Wittig erklärte, durch eine vom Mini sterium ins Leben zu rufende Zentralstelle werde bessere Ge währ erzielt, daß nicht sinn- und ncrvenreizende Bilder, so genannte Schundware, namentlich den Kindern mit ihrer erregbaren Phantasie geboten werden. Der Vorwurf nicht gewissenhafter Prüfung liege himmelweit fern, aber es fehle an einheitlichen Bestimmungen. Die Großstädte fühlten dies nicht so. Es stehe fest, daß infolge der steigenden Konkurrenz nch Auswüchse entwickelten. Die Wurzel des Uebels liege bei Fabrikation und Vertrieb. Unter harmlosen Titeln erschienen verbotene Bilder. Das Bild: „Das Taschentuch" stelle Urb-r-^ fall und Mord dar, das Bild: „Der unvollendete Bries" zwei Einbruchsdiebstähle. „Eine anerkennungswerte Tat" sei der Ueberfall eines Vaters durch seine maskierte Tochter. Jede Benutzung eines Nicht genehmigten, jede Aenderung eines ge nehmigten Films, Titels oder Untertitels müßte unter Strafe gestellt werden. Minister Vitzthum v. Eckstädt verlas eine Er klärung, nach der in der Hauptsache die Reichsgesetzgebung in Frage komme; Landesgefitzgebung und Polizeibehörden seien ganz bestimmte Schranken gezogen. Der König habe ganz besonderes Interesse durch eine Besprechung mit den zustän digen Ressortministern kundgegeben, man habe aber von Writerem abgesehen, da am 6. April 1909 eine Verordnung erfolgte (an die Kceishauplmannschaften), deren Erfolg abge wartet werden müsse. Man halte die Einrichtung einer Zentral stelle im gegenwärtigen Moment nicht für angezeigt. Es würden auch große technische Schwierigkeiten entgegenstehen. Das Ministerium habe der Polizei empfohlen, die Bilder zu prüfen, alle Ankündigungen schlüpfriger Darstellungen zu ver bieten, die Vorschriften über den Gewerbebetrieb im Umher ziehen streng zu handhaben und Kinder unter 14 Jahren nur für ausdrückliche Kindervorstellungen zuzulassm. Nach Abg. Posern (ntl.) boten im Anfangsstadium die Kinos Vorstellungen gewissen kulturellen Wertes, dann aber seien die pikanten Films von Frankreich und die Senfationsdramen von Amerika ge kommen. Abhilfe könne geschaffen werden, wenn man die Kinos als wirkliche Theaterunlernehmungen ansähe, also die Genehmigung vom Bedürfnis abhängig mache. Abg. Heldt (soz.) bemerkte, die Sozialdemokratie sei den Auswüchsen des Kinowesens ebenso zu Leibe gegangen wie der Schundlitteratur. Ec habe in der gesamten bürgerlichen Presse nicht eine einzige Notiz gegen die anstößigen Lichtbilder gefunden. (Lebhafter Wiederspruch). Der Antrag werde die beabsichtigte WukunF nicht haben. Abg. Dr. Noth (freis.) schloß sich dem Wunsch nach einer Zentralstelle an, hätte aber gern gehört, wie sie aussehen solle. Die Geschmacksrichtung lasse sich nicht durch die Polizei dirigieren, da helfe nur Volkserziehung. Für eine Zentralstelle eigne die Polizei sich nicht. Er hege die gleiche Aversion gegen sie wie Heldt. (Zurufe: Als Bürgermeister?) Jawohl, was nicht ihres Amtes sei, davon solle die Polizei ihre Hand lassen. Im Schlußwort wandte sich Abg. Wittig dagegen, daß die bürgerliche Presse gegen Auswüchse im Kino- Wesen keine Stellung genommen habe. Der Antrag Wittig ging an die Finanzdepntation A, deren Gutachten schon deshalb nötig ist, weil eine Behörde im Wittig'schen Sinne selbst verständlich gewisse Anforderungen an das Staatssäckel stellen Würde. — Der 1858 in Dippoldiswalde geborene Brauertivertreter Karl Hugo Adolf Gäbler wurde wegen schwerer Urkundenfälschung und Betrugs zu 1 Jahr 6 Mon. Gefängnis und 2 Jahren Ehrenrechtsverlust verurteilt. 1 Monat der erlittenen Untcrsuchugshaft gilt als verbüßt- — Das Konzessionsgesuch Ernst Rob. Richter inLübau wurde vom Bezirksausschuß genehmigt. — Plötzlich vom Tode ereilt wurde der in der Moritz- Straße in Freiberg wohnhafte Pens. Bergarbeiter B., der seit Freitag von den Mitbewohnern des Hauses nicht mehr gesehen worden war. Sonntag nachmittag verschaffte man sich Eingang in die verschlossene Wohnung und fand B. hier entseelt auf dem Sofa sitzend. Eine Herzlähmung hatte seinem Leben ein Ziel gesetzt. — Wegen Verleitung zum Meineid in 2 Fällen hatte sich die 1859 in Erbisdorf bei Brand geborene Seifen- händlerin Lina Auguste Gläser vor dem Kgl. Landgericht zu Freiberg zu verantworten. Die Angeklagte hatte sich im Juli d, I. wegen schwerer Kuppelei zu verantworten. Sie hatte vor der Hauplverhandlung die Zeugen Göpfert u- Hesse beein flussen wollen und gesagt, wenn sie zeugen müßten, sollten sie Vorgehen, schwer zu hören. Die Angeklagte wird wegen Verteilung zum Meineide zu 1 Jahr 6 Monaten Zuchthaus verurteilt. 3 Monate der Untersuchungshaft gelten als ver büßt. Die Ehrenrechte werden ihr auf die Dauer von 3 Jahren abgesprochen. Kleine Notizen. — Der 37jährige Hausbesitzer und Waldarbeiter Robert Stolle in Lichlensee erhängte sich infolge von Schwermut, da ihm nachts zuvor sein Vater gestorben war. — Einer Gulsbesitzerswitwe in einem Dorfe bei L-isnig ging aus Amerika und einige Tage später auch aus Rixdorf bei Berlin ein Erpressungs schreiben zu, nach welchem die Frau 5000 Mark nach einem angegebenen Ort nach Amerika senden sollte. Andernfalls werde die Unter lassung den Kopf eines Gliedes ihrer Familie kosten. — Der Polizeihund Harras hat wieder einen schönen Erfolg erzielt. Ec fand inSörnewitzb. Dahlen in einem Bache die Leiche eines jungen Mädchens, das seit einigen Tagen vermißt worden war. Um den Hals des Mädchens^ war ein Strick geschlungen, so daß man einem Morde auf .der Spur zu sein scheint. Infolge des Fundes wurde ein älterer Gutsbesitzer in einem benachbarten Dorfe verhaftet. — Ein Mühlstein zersprungen. In der Mühle zu Strießen bei Großenhain zersprang unter großem Getöse ein ca. 25 Zentner schwerer Mühlstein. Mil großer Gewalt wurden die Trümmer durch zwei Türen hindurch bis auf den Mühlberg hinausgeschleudert. Glücklicherweise war gerade niemand anwesend. — Erhängt aufgefunden wurde im Stalle der elterlichen Wohnung in Kamenz der 12jährige Sohn des Glaser meisters Richter. Der Knabe hatte jedenfals beim Spielen im Stalle sich scherzweise die Schlinge einer Hundeleine um Len Hals gelegt, die sich versehentlich zugezogen halte. — Das 21jährige Dienstmädchen Klara Seeger aus Wielebock bei Magdeburg, das in Bad-Elster bei der Familie Stemmler in Diensten stand, legte in verschiedenen Villen Drohbriefe nieder, verübte im Badeorte allerlei Unfug und warf in der Villa „Regina" die Fenster ein. DaS Mädchen war auch des Kindesmordes verdächtig. In der Schleuse des Waschhauses fand man die Leiche eines Kindes männlichen Geschlechts, das dort feit vierzehn Tagen gelegen haben muß. Das Mädchen wurde verhaftet- — Ein merkwürdiges Quartett wurde in einem Walde bei Markersbach verhaftet. Es bestand aus 3 Männern und einer Frau, die sich im Walde ein Zelt gebaut hatten und auf Wild sowie auf mehrere Personen geschossen haben sollen. Gegen die Waldmenschen, die in das Chemnitzer Gerichtsgesängnis eingeliefcrt wurden, ist eine Untersuchung eingeleilel worden. Dresden. Durch Einatmen von Leuchtgas vergiftete sich Dienstag abend in Vorstadt Pieschen eine 20 Jahre alte Fleischersehefrau. — Mittwoch früh schoß sich auf dem Grill patzer Platze ein BuffUier zwei Kugeln in die Brust. Der 28jährige Mann verweigert über den Grund zur Tat die Aus kunft. Ec wurde ins Krankenhaus gebracht. — Vor dem Tore des Kgl. Nesideuzschlosses spielte sich ein Vorgang ab, der die Ansammlung von vielen Straßen passauten verursachte und zur Verhaftung eines Mannes führte. Ein Von auswärts nach Dresden zugereister, herunter gekommener und dem Trünke ergebener Mann begehrte energisch Einlaß ins Nefidenzschloß, um den König zu sprechen. Als ihm der Zutritt versagt wurde, versuchte er seinen Willen mit Gewalt durchzusetzen. Der 50 Jahre alte Mann wurde reni tent und mußte schließlich nach heftigem Widerstand verhaftet werden. — Die 1890 in Naußlitz geborene Dienstperson Louise Hedwig Henze hat sich wegen Kindestötung vor dem Schwurgericht in Dresden zu verantworten. Die Angeklagte wird beschuldigt, im August d. I. zu Kalkreuth ihr außer der Ehe geborenes Kind unmittelbar nach der Geburt vorsätzlich gelötet zu haben. Die Henze ist voll geständig und gibt an, daß sie mit einem Gutsbesitzerssohne aus Weßnitz bei Großen hain ein Liebesverhältnis unterhalten habe. Als sich die Folgen bemerkbar gemacht haben, gab sie ihrer Mutter Kennt nis davon. Am 17. August gebar die damals beim Remonte- depot Kalkreuth beschäftigte Angeklagte ein Kind, wickelte es in ein Leinentuch und drückte ihm, um das Schreien des Kin des zu verhindern, ein Tuch in den Mund. Dadurch ist das Kind erstickt. Die Leiche verbarg die H. in ihrem Reisekorbe, bis die Entdeckung erfolgte. Die Heinze wird gemäß dem Wahrspruch der Geschworenen zu 2 Jahren Gefängnis ver urteilt; 2 Monate gelten als verbüßt. — Der 1885 in Dresden geborene und daselbst wohnende verheiratete Kaufmann Joh. Alb. Fiedler hatte sich vor dem Dresdner Schwurgericht zu verantworten. Dem Angeklagten wird zur Last gelegt, im August und September 1910 zwei mal an einer Zigarrenmachers-Ehefrau und am 10. August 1910 an einer Kistcnmachers-Ehcfrau No tz uchtsverbrechen verübt zu haben. Das Urteil lautet unter teilweiser Frei sprechung auf 2 Jahre Gefängnis und 3 Jahre Ehrenrechts- verlust; 2 Monate gelten als verbüßt. — In Rabenstein bei Chemnitz verunglückte der Brunnen wart Stopp aus Hartmannsdorf tödlich. Der Bedauernswerte hinterläßt Frau und 4 Kinder. — Mehrere Verhaftungen in HandelSkceisen er regten in Köln großes Aufsehen. Der Grobkaufmann Licht wurde wegen betrügerischen Bankerotts festgenommen. Er hatte einen Jahresumsatz von über einer Million. In der Konkursmasse wurde nichts vorgefunden. Der Kaufmann Graf wurde wegen Beihilfe verhaftet. — Rücksichtslos in jeder Beziehung will Italien den Krieg gegen die Türkei weiter führen, wenn nicht bald Frieden geschlossen werde. Man will den Krieg in die euro päische Türkei tragen. Der Frieden könne nur unter der Bedingung geschloffen werden, daß die Türket auf Tripolis j vollständig verzichte. Italien will spätestens Ende November das tun, was es für gut befinde.