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Rabemuer Anzeiger Erscheint Dienstag, Donnerstag u. Sonnabend. Abonnementspceis einschließlich zwei illustrierter achtseitigen Beilagen sowie eines illustrierten Witzblattes 1,50 Ml. Zeitung M Wrand) Seisersdurs. Inserate kosten die Spalten zelle oder deren Raum 10 Ps., für auswärtige Inserenten IS Ps. Reklamen 20 Pf. Annahme von Anzeigen für alle Zeitungen. Klein- und Grotzölsa, Obernaundorf, Hainsberg, Somsdorf, Eotzmannsdorf, Lübau, Borlas, Spechtritz re Mit verbindlicher Publikationskraft für amtliche Bekanntmachungen. Nummer 116. Fernsprecher: Amt Deuben 2120 Dienstag, den 3. Oktober 1911. Fernsprecher: «mt D-nbe« 2120 L4. Jahrgang. Hur Nab uns ferv. Rabenau, dm 2. Oktober 1911- — Am Sonnabend, dm 30. September d. I. ist die Hebamme Frau verw. Vörtlerhier infolge Krankheit außer Dienst getreten. Aus diesem Anlaß ist ihr am erwähnten Tage durch Herrn Bürgermeister Wütig hier im Namen der zum Hebammenbezirk gehörigen Gemeinden unter Worten der Anerkennung für treue Pflichterfüllung und unter besten Wün schen für die Zukunft ein Geschenk von 50 Mk. überreicht worden. — Im 6. sächsischen Neichstagswahlkreise ist Herr Ober förster Prof. Dr. Mammen- Tharandt als Kanditat der Konservativen und des Bundes der Landwirte einstimmig aus gestellt worden. — Die Sächsische Staatseisenbahnverwaltung hat sich zum Schutze der Neisenden dem Vorgehen anderer Eisenbahn- Verwaltungen gegen die Benutzung langer Damen Hut nadeln mit unverwahrten Spitzen angeschloffen, die bei dem im Eisenbahnverkehr oft entstehenden Gedränge eine beacht liche Gefahr bilden. In den Bahnhöfen sind daher Bekannt machungen folgenden Inhalts angeschlagen worden: In den Eisenbahnverkehrsräumen, insbesondere auch in den Zügen, müssen die Spitzen langer Hutnadeln durch Schutzhülsen oder in anderer Weise verwahrt werden. Nichtbeachtung dieser Bestimmung kann mit Geldstrafe geahndet werden. — Das evangelisch-lutherische Landeskonsistorium hat den Uebertritt der Gemeinde C 0 ßm a n ns d 0 r f zur Parochie Hainsberg mit dem 1. Oktober d. I. genehmigt. Den beteiligten Gemeinden ist dabei seitens des Landeskonsistociums wesent liche finanzielle Hilfe zuteil geworden, so daß insbesondere für die in der Parochie Somsdorf verbleibenden Gemeinden sich irgendwelche pekuniären Nachteile nicht ergeben dürften. Die von der Gemeinde Coßmannsdocf zu bringenden, nicht uner heblichen Kosten sind derselben dadurch erleichtert worden, daß Herr Geh. Kommerzienrat Dietel in CoßmanuSdorf eine nicht unerhebliche Summe für kirchliche Zwecke gestiftet hat. — Bilz wurde von der Kreishauptmannschaft die Kon zession der Nalurheilanstall in Oberlößnitz entzogen. Der Kreishauplmannschaft ist u. a- ein Schreiben eines Arztes zu gegangen, der 6 Jahre in der Anstalt war und eine Schilderung der Verhältnisse eidlich erhärten will. Die geschlechtskranken Personen seien von den übrigen nicht getrennt worden, sie hätten sogar mit im gemeinsamen Speisesaal gespeist. Die Zimmer Tuberkulosekranker seien nur oberflächlich gereinigt worden. Auch die sittlichen Zustände spotteten jeder Beschreibung. Für die Aufnahme von Patienten sei lediglich der Stand punkt des Verdienens maßgebend gewesen. — Das Schwurgericht Dresden verhandelte gegen den 1893 in Nadeberg geborenen, daselbst wohnhaften Glas macher Strobel wegen Notzuchtsverbrechens. Der Angeklagte wird beschuldigt, in der Nacht zum 8. Mai in Nadeberg eine im 16. Lebensjahre stehende Fabrikarbeiterin vergewaltigt zu haben. Das Urteil lautet auf ein Jahr Gefängnis- — Ein Fabrikbesitzer inNadeberg geriet beim Ueber- schreitcn eines Eisenbahngleises unter rangierende Güterloris. Er wurde niedergcworfeu, fiel aber dabei so glücklich, daß er zwischen die Schienen zu liegen kam, so daß zwei Wagen über ihn hinwegfuhren, ohne ihn zu verletzen. Durch den Sturz hat er eine Gehirnerschütterung und Hautabschürfungen erlitten. — Beim Spielen in einer Scheune stürzte der 12 Jahre alte Schulknabe Haulsche von dem Zwischenboden auf die Tenne, wo er bewußtlos aufgehoben wurde. — Das Kgl. Schwurgericht in Freiberg verhandelte gegen den Handarbeiter Otto Mox Förster aus Lüttewitz wegen Notzucht und tätlicher Beleidigung unter Ausschluß der O-ffent- lichkeit. Am Abend des 19- Juni soll er in Gerlitzsch bei Noßwein auf dem Wege von der Dorfstraße nach dem Hempelschm Gute das Verbrechen an der Dienstmagd Hilda Sohre in Dittersdorf bei Roßwein begangen haben. Das Urteil lautete auf 1 Jahr 2 Monate Gefängnis. — Das Schwurgericht zu Freiberg verurteilte den 26- jährigen Kupferschmied Paul Kupfer aus Nossen wegen Straßenraubes zu 5 Jahren 2 Monaten Zuchthaus. K. hat am 30. April nachts auf dem Wege nach Siebenlehn den Schuhmacher Westphal überfallen ».seiner Barschast beraubt. — Ein junger Kaufmannslehrling nahm auf der Hhgiene- Ausstellung ein Los, öffnete es und warf es nach einem kurzem Blick enttäuscht weg. Ein Fremder, der das mit an gesehen hatte, fragte ihn, ob er denn auch genau nach gesehen habe. Hierdurch stutzig gemacht, suchte der Junge das Los wieder hervor, öffnete es vollständig und fand nun zu seinem freudigen Schrecken eine Gewinnummer, für die ihm im Ge- winnpavillon die schöne Summe von 300 Mark ausgehändigt wurde mit der er freudig davonstüczte. Der Irrtum des Jungen war wohl hauptsächlich daher gekommen, daß die Ge winnummer jetzt in verkleinerter Form und in der Mitte des Loses steht, statt wie früher, mehr nach dem oberen Ende zu. — Kleine Notizen. In der Ullmannschen Sand grube wurden der 41jährige Butterhändler Ullmann und der 32 Bauunternehmer Gläser, die im Begriff waren, mit einem Sandwagcn aus der Grube zu fahren, durch hereinbrechende Stein- und Sandmassen überrascht und verschüttet. Der seinen Vater begleitende fünfjährige Ullmann rannte nach Hause und holte Hilfe. Ullmann konnte samt seinem Pferde gerettet werden, dagegen wurde Gläser nach zweistündiger Arbeit als Leiche geborgen. Ullmann hat schwere innere Verletzungen erlitten. -- — Vor dem Schwurgericht Zwickau begann unter großem Andrang des Publikums die Verhandlung gegen die Frau verw. Schumann geb. Schmidt, die am Abend des 11. April d. I. auf der Talstraße ihren Ehemann erschossen hat. Wegen Gefährdung der Sittlichkeit wurde die Oeffentlichkeit während der Verhandlung ausgeschlossen. Zahlreiche Zeugen sind geladen, die über das Vorleben der Schumann aussagen sollen. Das Urteil lautet auf 1 Jahr 6 Monate Gefäng nis. Fünf Monate der Untersuchungshaft wurden ihr an gerechnet. Die Geschworenen hatten nur Körperverletzung mit lötlichem Ausgange angenommen. — Einen Selbstmordversuch beging der Sohn eines pensionierten Beamten in Oschatz. Der junge Mann hatte bei einer Prüfung eine kleine Unredlichkeit begangen, wofür er eine Nole in das Führungsaltest erhielt. Aus Furcht vor den Eltern jagte er sich eine Kugel in die Brust, sodaß die Lunge erheblich verletzt wurde. Sein Zustand ist indeß nicht hoffnungslos. — Nach Unterschlagung von 750 Mk. die er zur Einlösung von Wechseln in einem Bankgeschäft einzahlen sollte, ist der Hausdiener Alfred Ernst Wunderlich in Chemnitz, geboren am 2. Januar 1893 in Untermhaus bei Gera flüchtig geworden. — Vermißt wirb der etwa 30jährige Strumpfwirker Theodor Drechsel ans Auerbach, der sich am Montag aus seiner Wohnung spurlos entfernt hat. Man fürchtet, daß Drechsel, dem vor nicht langer Zeit die Frau gestorben ist, durch diesen Verlust schwermütig geworden ist "und Hand an sich gelegt hat. — Der Unteroffizier Emil Kurt Rötzsch von der 4. Kompagnie des Infanterie-Regiments in Bautzen befand sich auf Urlaub in einem Orte bei Freiberg. Am Donnerstag machte er dort einen Ausflug mit dem Rade, wobei er bei Kcummhennersdorf am sogenannten Tönnichtberg gegen eine eiserne Barriere fuhr und kopfüber in den vorüber fließenden Bach stürzte. Durch diesen Sturz hat Rötzsch schwere Ver letzungen erlitten, so daß er in daß Garisonlazarett zu Freiberg eingeliefert werden mußte. Dort ist er jetzt seinen Verletzungen erlegen. — Im Grundstück Reichelstraße 6 in Leipzig wurde ein junger Mann durch leichtfertiges Umgehen mit einer Schuß waffe getötet. Der Hausbursche Walther und der Chauffeur Jänicke hantierten init einem geladenen Revolver, wobei sich die Waffe entlud und den Hausburschen derart traf, daß er in kurzer Zeit seinen Geist aufgab. — Der Rechtsanwalt Dr. Thieme aus Meerane wurde wegen Unterschlagung und Untreue zu 3 Jahren 6 Monaten Gefängnis und 3 Jahren Ehrverlust verurteilt. Dresden. Ein Posten Dividendenscheine wurde am 18. September im Geschäftsbereiche der hiesigen Neichsbank- hauptstelle gefunden. Obwohl bereits zwei Wochen vergangen sind, hat sich noch immer kein Verlustträger gemeldet. Ent weder gehören die Dividendenscheine einem Kapitalisten, der den Verlust gar nicht merkt, oder ein Dieb hat sie verloren, der sich nicht verraten will. — In der Nacht zum Sonntag nach 2 Uhr wurden die Bewohner der Lödtauer und Altoner Straße in Dresden durch wüste Schlägereien unter einer größeren Anzahl Männer aus dem Schlafe geweckt. Die angetrunkenen Personen verübten bei der Schlägerei einen derartigen Skandal, daß ein Gendarm einschreiten mußte und schließlich den Haupt- skandaleur verhaften mußte. Als dieser nach der Sicherheits wache sistiert werden sollte, stürmten die übrigen aus den Beamten ein und versuchten die Verhaftung des Hauptbeteiligten zu verhindern. Als ihnen das nicht gelang, gingen die erregten Leute — eS mochten etwa 15 Personen sein — gewaltsam gegen den umringten Gendarmen vor. Sie schlugen auf ihn ein und befreiten den Arrestanten. Schließlich kam der hart bedrängte Gendarm zu Fall. Diese Gelegenheit benutzten die Raufbolde zur Flucht. — Am Sonnabend abend versuchte der 42 Jahre alte Dachdecker Artur Bär in der Kesselsdorfer Straße inDres - den seinem Leben durch Erhängen ein Ende zu machen. Man befreite aber den Wohnungslosen Arbeiter noch recht zeitig aus der Schlinge. — Am Sonnabend abend gegen 9 Uhr wurde die Feuer wehr nach der Freibergerstraße 33 in Dresden gerufen, wo eine Frau in eine nicht zugedeckt gewesene Düngergrube gestürzt war. Durch schnelles Eingreifen eines Arbeiters wurde sie aus ihrer gefahrvollen Lage befreit. Die Feuer wehr brauchte nicht mehr einzugreifen. — Am Sonnabend nachmittag stürzte sich das 18jährige Schncidermädchen Anna Marie Baldamus, das in der Er regung durch eine Luke auf das Dach des Hauses Könneritz- straße 21 in Dresden gestiegen war, in den Hof hinab und blieb schwer verletzt liegen. Nach dem Friedrichstädter Krankenhaus gebracht, verstarb es bald darauf an den bei dem Sturz erlittenen Verletzungen. Das Mädchen beging die Tat nach einer von seiner Mutter erhaltenen verdienten Zurechtweisung. — Beim Abspringen von einem in voller Fahrt befindlichen Straßenbahnwagen kam am Sonnabend nachm. auf der Wilsdruffer Straße in Dresden ein etwa 25 Jahre alter Arbeiter schwer zu Fall und blieb bewußtlos liegen. Der Unglückliche hatte einen Schädelbruch und eine Gehirnverletzung erlitten. — In einem Hause der Hertelstraße in Dresden wurde der Kaufmann und Hausbesitzer Otto Hermann Peppel, der seine in der Blasewitzer Straße gelegene Wohnung kurz vorher gesund verlaffen hatte, von einem tödlichen Herzschlag betroffen. — Aus Anlaß des italienisch-türkischen Krieges empfiehlt die „Post": „Deutschland solle dieMarok ko-Verhandlungen jetzt vertagen. „Die Verhältnisse sind heute ganz anders als damals, als die Verhandlungen begonnen wurden. Die kritische politische Lage erfordert die ungeteilte Kraft und Aufmerk samkeit unserer Diplomaten für die orientalische Frage. Um für alle Fälle gerüstet zu sein, ist eine Verständigung zwischen Regierung und öffentlicher Meinung notwendig. Sollte Frank reich eine solche Entschließung nicht behagen, dann mag es sich bet denen bedanken, die Italien in das tripolitanische Abenteuer gehetzt und die Verschleppungen und Erschwerungen der marokkanischen Verhandlungen verschuldet haben." — Die Berliner Börse nahm den Ausbruch der Feind seligkeiten zwischen Italien und der Türkei verhältnismäßig ruhig auf. Größere Kursrückgänge erlitten nur die Werte des Kassaindustriemarktes. Auch an der Dresdner Börse mußten sich verschiedene Dividendenpapiere empfindliche Kursabstriche gefallen lassen. — Wie bereits am Sonnabend früh durch Extrablatt bekannt gegeben, hat die ottomanische Regierung die Forde rungen des italienischen Ultimatums nicht angenommen, und sind Italien und die Türkei seit Freitag nachmittag halb 3 Uhr in Kriegszustand (s. 2. Seite). Mit welcher Rigo rosität Italien das Geheimnis der Aktion bis zum letzten Augenblick gewahrt hat, geht daraus hervor, daß nicht einmal in Berlin das Ultimatum vorher angezeigt worden ist. Als vorübergehend peinlich wird in einer Berliner Meldung das Verhalten des offiziellen Italien bezeichnet. Deutschland er hielt die erste Nachricht von dem Ultimatum durch die tür kische Botschaft und wurde damit vor eine vollendete Tatsache gestellt. In türkischen Kreisen herrscht allerdings insofern Pessimismus, als man zumeist der Ansicht ist, daß Italien eins friedliche Auseinandersetzung überhaupt nicht wolle, son dern darauf ausgehe, gleichzeitig seine albanischen Ansprüche zu liquidieren. Die Stimmung in der Türkei richtet ihre Spitze übrigens nicht allein gegen Italien, sondern gegen ganz Europa, dem man vorwirft, daß es die schönen Theorien von Völkerrecht, Kultur und Humanität mit Füßen trete, um der italienischen Näuberaklion den Rücken zu decken. Inzwischen nehmen die militärischen Operationen ihren Fortgang. Das italienische Expeditionskorps setzt sich in folgender Weise zu sammen: 4 Brigaden Infanterie, 2 Regimenter Versaglieri, 12 Batterien Feldartillerie und 4 Eskadronen leichte Kaval lerie. Dazu kommen noch eine Abteilung Genietruppen ein Sanitätskoips, ein Lenkballon mit Bedienungsmannschaft und Troß, sowie zwei Aeroplane. Zusammen ungefähr 35,000 Mann. General Canova ist der Oberkommandeur. Auch die türkischen Rüstungen werden fortgesetzt. Der Kriegsminister verfügte in einem S-paraterlaß in den arabischen Provinzen Jemen Assir und Elhedschas die Aushebung der gesamten waffenfähigen Mannschaft. Damit ist die türkische Mobil machung auch auf Arabien ausgedehnt, was bisher noch nie mals erfolgt ist, selbst im Jahre 1878 nicht. — Das italienische Geschwader hat Sonntag vormittag das Feuer auf die Forts von Tripolis eröffnet. — DaS ital. Marineministerium hat eine Telegramm erhalten, wonach ein türkischer Torpedobootzerstörer und ein Torpedoboot in den Grund gebohrt wurden. Ein mit 162 türkischen Soldaten und einer großen Menge Munition sowie 5 Offizieren besetzter Dampfer wurde aufgebracht. Die Italiener hatten keine Verluste. — In Austin (Arkansas) ist ein Mühlendamm geborsten. Ungeheure Wassermengen schwemmten die 300 Häuser des Ortes bis auf 6 weg. Ueber 2000 Menschen sind in den Trümmern umgekommen.