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27. Jahrgang Dienstag, äen 2S. Oktober 1S32 /luer Tageblatt /lnzeiger für das ikrZgeoirge -Ltzs:s'- r»,.dw»enthalt««»»I« amtlich««s»ka««1macha«g<»SrsNatr»t«Gtaöt«tör»^lmtsgrrlcht»Mm. l Mr. 251 Mussolini M veuWanüs ÄriekbereWgung Wenn Deutsch lanä nicht aufrüftet — Line Neäe äes Duce in Turin Turin, 23. Ott. Mussolini stattete heute der Stadt Turin einen offiziellen Besuch ab. Die Behörden und die Bevölkerung bereiteten ihm einen begeisterten Empfang. — Bom Balkon des Regierungspalastes auS hielt Mussolini eine Rede, in der er eingangs seinen Dank für den ihm bereiteten Empfang aussprach, der seine Erwartungen weit übertreffe. — Mussolini kam dann aus außenpolitische Pro bleme zu sprechen. Dank der Energie des britischen Pre' mierministers befinde sich heute das NeparationS- und Kriegsschuldenschiff wohlgeborgen im Hafen von Lausanne. Wer er fragte weiter, will jetzt „das große Volk der Ster nenbannerrepublik" das Schiff wieder auf die hohe See zurückstoßen, dieses Schiff, auf dem sich die Hoffnungen und Sorgen so vieler Völker befinden? Als die Menge auf diese Frage mit einem lauten Nein antwortete, erklärte Mussolini: „Ich wollte, daß dieses Nein, da« Ihr eben hier ausgesprochen habt, mit Donnerstimme über den Ant!anti- schen Ozean hinübertöne und im Herzen jenes Volkes Widerhall findet." — Mussolini ging dann auf die Ab- rüstungSfrage ein. Er wandte sich dagegen, daß die von Italien vor der Abrüstungskonferenz vorgebrachten kon kreten Vorschläge irgendwelchen machiavellistischen Berech nungen entsprungen seien. — Aus dieser Grenzstadt, die niemals den Krieg gefürchtet hat, erkläre ich, so fuhr Musso lini fort, damit alle Welt es hört, d a ß_.J t a l i e« e in e P aTTtTT d e s wahrhaften Friedens treibt, eines Friedens der Gerechtigkeit, eines Friedens, der Europa das Gleichgewicht wiedergibt, eines Friedens, der die Menschen wieder mit Hoffnung und Glauben erfüllt. Aber jenseits der Grenzen gibt es Narren, die dem faschisti schen Italien nicht verzeihen, daß eS auf dem Posten ist. Für jene rückständigen Ueberbleibsel ist allerdings der Faschismus ein unerhörter Skandal, denn seine Existenz dokumentiert, daß ihre Grundsätze von der Zeit überholt sind. Aber das Spiel ist bereits von Anfang an entschieden, denn diejenigen Grundsätze, die sich durchsetzen, werden über die veralteten Grundsätze siegen, die verblassen. — Mussolini wandte sich dann der Völkerbundsfrage zu. Jta- lien werde auch weiter im Böllerbunde bleibe«. Besonder heute, wo der Völkerbund schwer krank sei, dürfe man ihn nicht verlassen. Da der Böllerbund zu universal sei, verlieren seine Anordnungen im Verhältnis zu der räumlichen Entfernung an Wirksamkeit. Wenn der Völkerbund in Europa noch sein Wort wirk sam sprechen kann, so bleibt dieses Wort ohne jede Be- deutung, wenn eS sich um den Fernen Osten oder Süd amerika handelt. Immerhin, erklärte Mussolini, glaube «r, daß, wenn morgen auf der Grundlage der Gerechtigkeit und der Anerkennung der heiligen Rechte Italiens die erforder lichen Voraussetzungen für eine Zusammenarbeit der vier Groß,nächte in Westeuropa zustande kämen, Europa in poli- tischer Beziehung beruhigt werden würde und daß sogar vielleicht die Weltkrise, die alle erfaßt hat, zu Ende gehen würde. — Mussolini ging dann auf die deutschen Gleich- berechtigungsforderungen in der RüstungSfrage ein. Er erklärte hierzu wörtlich: Auch in dieser Frage hatte der Faschismus bestimmte Gedanken und Richtlinien. Die deutsche Forderung nach Gleich, berechtig» ng ist juristisch vollkommen bere chtigt. Je schneller man das anerkennt, um so Vesser wird eS sein. Indessen kann Deutschland, solange die AbrüstungSkonfe- renz dauert, in keiner Weise irgendeine Wiederaufrüstung verlangen. Wenn aber die Abrüstungskonferenz zu Ende ist und ein negatives Ergebnis gehabt hat, so wird, Deutschland nicht im Völkerbund bleiben können, falls nicht diese Unstimmigkeit aufgehoben wird. Diese Aeußerungen Mussolinis wurden von der Mmge mit Beifall ausgenommen. Dem außenpolitischen« Teil seiner Rede schloß Musso lini mit den Worten ab: Wir wünschen kein« Hegemonien in Europa. Wir werden gegen die Anerkennung von Hege monien jeglicher Art sein, insbesondere aber dann, wenn eine Hegemonie eine Position offenkundiger Ungerechtigkeit verewigen will. Eine Erklärung des Relchswehrministers Freiburgs. B., 22. Ott. Von dem in Badenweiler weilenden Reichswehrminister Freiherrn von Schleicher geht dem WTB. Freiburg folgende Erklärung zu: I» Berlin wird die Nachricht verbreitet, daß ich meinen Aufent halt in Badenweiler zu politischen Besprechungen benutze, die den Bestand des jetzigen Kabinetts gefährden könnten. Eine geradezu absurde Idee! Abgesehen davon, daß ich mit dem mir befreundeten Reichskanzler von Pap en fach, lich und politisch völlig übereinstimme, habe ich während meines Aufenthaltes in Badenweiler noch keine politische Persönlichkeit größeren oder kleineren Formats gesehen oder gesprochen und gedenke, das auch in Zukunft nicht zu tun. gez. von Schleicher. BrMchrkommoniileArbeltsbesAiiWilg Berlin, 22. Oktober. Die Pressestelle de» Deutschen Städtetages teilt mit, daß der engere Borstand des Deutschen Städtetages sich soeben nach eingehender praktischer Borbereitung abschließend mit der Frage eines kommunalen Arbeitsbeschaffung». Programms beschäftigt hat. Boraussetzung des kommunalen Ar» beitsbeischaffungsprogramm« ist für den Städtetag, daß die Finan zierung aus einem volkswirtschaftlich! einwandfreien Woge durch geführt wird, der alle Experiment« auf währungspolitischem Ge biete vermeidet. Die Hergabe von ungedeckten zinslosen Krediten größten Ausmaßes, wie sie von anderer Seite «angeschlagen worden ist, kann deshalb nicht in Frage kommen. Es wär« auch mit den Regeln eine» gesunden Ftnanzrvirtschaft unvereinbar, die laufenden, durch die Erwerbslosigkeit entstandenen Lasten durch eine Kredit ausweitung scheinbar zu beseitigen und damit die wirkliche Lage Mr zu verschleiern, anstatt sie gründlich zu bereinigen. Der Städtetag hat der Reichsregierung gegenüber seine bereit» früher erhobene Forderung wiederholt, daß für die kommunalen Be- triebe und für die kommunale Arbeitsfürsorge im Rahmen de» Rogiernngsprogramms Steuergutschein« zur Verfügung gestellt werden. Dienstag Urteil in Leipzig Letpzig, 22. Olt. Bom Hauptbureau des Reichs gerichts wird amtlich mttaeteilt: In den Klaaesachen zwi schen Preußen, Bayern, Baden und dem Reich ist Termin zur BeMnduvg der Entscheidung auf DieftStag, den 25. Oktober, um 12 Uhr mittags anberaumt. Di-e Sitzung fin det wiederum im Hauptsaale des Reichsgerichts statt. »Uneinig in leinen Stämmen" 23 Reichswahl Vorschläge Berlin, 23. Ott. Die Frist zur Einreichung der RelchswahlvorschlSge ist am 23. Oktober abgelaufen. Beim Reichswahlleiter find bis »u diesem Zeitpunkt insgesamt 23 Reichswahlvorschläge etngereicht worden. Neber die Zulassung entscheidet der Reichswahlausschuß in seiner Sitzung am 25. ds. MtS. Mer spricht in Zwicke« Zwickau. Am Sonntag veranstaltete dt-e NSDAP, in Zwickau eine große politische Kundgebung, bei der der Füh- rer der Partei, Woilif Hitler, sprach. Bereits einige Zeit vor Beginn der Kundgebung hatten sich auf dem Schwanen- schloßpiatz und seiner Umgebung etwa 60 000 Menschen ein gefunden, um Hitler zu sehen und sprechen zu hören. Da Hitlers Ankunft mit dem Flugzeug sich um etwa ein« Stunde verzögerte, ergriff zunächst der LandeStnspetteur der NSDAP., ReiichStagSabgeordneter Mutschmann, das Wort. Gr griff die Regierung v. Papon scharf an und machte den Deutschnationalm den Vorwurf, der NSDAP, in den Rücken gefallen zu sein. Hitler befaßte sich in seiner einstündiaen Rede fast ausschließlich mit der Haltung der NSDAP, zur Regierungsbildung, wobei er seine im wesent- lichvn bereits bekannten Gründe davlegte, die ihn am 13. August davon abgehalten hätten, in die Regierung ein zutreten. Die Notverordnung zur Belebung der Wirtschaft werde ihrm Zweck nicht erfüllen können. Hitler kam dann auf die Zersplitterung des politischen und 'wirtschaftlichen Denkens in Deutschland zu sprechen. Deutschland könne bei seiner gegenwärtigen Zersplitterung weder innen- noch außenpolitisch Bedeutsames leisten. Mein die national sozialistische Idee, alle Schichten der Nation für dieselbe Sache zu gewinnen, könne da» deutsch« Voll zur Einigkeit führen. — Nach der Kundgebung trat Hiller die Wetter fahrt mit dem Flugzeug an. Zur Störungen der Ruy, und Ordnung ist «S nirgend» gekommen. Der neue tschechische Ministerpräsident Jan Malypetr, Li,h«r Präsident de» tschechoslowakischen Abgeordnetenhaus«,, hat die Führung de» neuen Kabinett» übernommen. Sein Borgänger, Fr. Udrzal, mußte au» Gesundheitsrücksichten von seinem Amt« scheiden. Malypetr erfreut sich auch in deutschen Kreisen höchster Ächtung. Dr. Arüniug spricht in Mannheim Mannheim, 28. Oktober. In einer Kund gebung der Zentrumspartei sprach Reichskanzler a. D. Dr. Brüning vor rund 10 000 Personen. Er bezeichnete eS al» politischen Fehler der jetzigen M-ichsregierung, daß sie die Nationalsozialisten nicht an dis Verantwor tung gebunden habe, bevor sie den Reichstag auflöste. Sehr scharf wandte sich der Redner ge--n die Erklärung de» Reichskanzler» von Popen, daß bet den beiden Par teien, den Nationalsozialisten und dem Zentrum, nur die Absicht bestanden habe, sich! gegenseitig hinter» Licht zu führen. Ein Staatsmann Hütte eine solche Ver ständigung zweier politischer Parteien im Interesse de» Ganzen nur begrüßen sollen. Schwerste Opfer habe der Reichstag angenommen. G» bestehe aber die Gefahr, daß da» Boll Rechte und Freiheiten verliere. Die Zentrumspartei wolle keine Rückkehr zu dem Parla mentarismus der Zett vor 1930, sie wolle aber nicht, daß Stnem Bolle, da« so schwere Opfer 14 Jahre lang getragen habe, seine Rechte genommen würden. Ma die KontingentterungSPolitik anbelangt, so meinte Dr. Brüning, daß die der Landwirtschaft gegebenen Ver sprechungen nicht zu erfüllen seien. ES habe sich ein Ring handelspolitischer Abwehr um uns gelegt, der die Arbeitslosigkeit nur vermehre. Man könne die Reich», regierung nur mahnen, keinen neuen Zündstoff anzu häufen, und so werde die Zentrumspartei ruhig dr? Wahl und dem neuen Reichstag entgegensetzen. Dr. Brü ning wandte sich dann gegen die Kapitalkehlleitung, die nicht diner erhöhten Produktivität gedient habe, son dern für nichtproduktive Zwecke angewandt worden sei. Zur Frage der Außenpolitik erklärte der Redner, daß. je mehr die anderen abrüsten, umso stärker Deutschland werde. Da» Mißtrauen gegen un» sei heute in «tnsm Maße gewachsen, wie seit fahren nicht mehr. Wahlaufruf der Staatspartel Berlin, 28. Oktober. Die Leitung Her Deutschen Staat-Partei erläßt einen Aufruf an die Wählerschaft in dem es u. a. heißt» Wir wenden uns gegen di« undeutschen Diktaturgelüste und gegen die rückschritt lichen Pläne auf Ausschaltung de» Bolle» und der Volksvertretung. Eine wirkliche Reich-reform, di« den Dualismus zwischen Preußen und Reich beseitigt, die R-tch-rat und Reich-wtrtschaftSrat zu organischer Ein- Helt und Ptitbektimmung in der Gesetzgebung verbindet und eine Wahlreform, die den anonymen Schematis mus der Listen durch die klare Verantwortung Her Per sönlichkeit ersetzt und die da» Wahlalter heraufsetzt,! wurde stet» von un» angestrebt. Wir bekennen unS zum Privateigentum, zum Leistungsgedanken und zur freischaffenden Unternehmet ersünlichßeit. Di« Wirt schaft braucht Ruhe Vor der Politik. Soll der deutsch« Unternehmer wieder zu Kräften kommen, soll dte Be- lebung der Wirtschaft die Not der Arbeitslosen über winden, so ist «in« fühlbar« Lastensenkung,»forderlich. Di« Kontingent-Politik und alle Autarkt«bestrebung«n sabotier«« La» Negierung-Programm zur Ankurbelung