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27. Jahrgang Dienstag, Sen 27. September 1S32 /luer Tageblatt MM-- Anzeiger Mr -as Erzgebirge -----» -««».Uv ««thaltto» «, «Mch« ««kaoittmachmi^, »« Not»» »« «0»t IM» ^mUgrelcht» -»> ----- Dr. 227 „Frie-ensrede" hinter Tankgeschwadern Herriot gegen äie äeutsche Gleichberechtigung — Unverschämte Ueußerungen über äie deutschen Maßnahmen zur Jugenüertüchtigung , ,dari«, 25. Sept. Mnisterpräfldent Herriot hielt heute in Gramat eine groß angelegte Rede, in der er sich in erster Linie eingehend über die Außenpolitik Frankreichs Die Gedanken der französischen Regierung, so * m * Nachdruck, seien vor allem aus den Frieden gerichtet, denn für Frankreich, das die Politik des Völker. bundeS treibe, sei der Krieg ein Verbrechen. Der Minister- Präsident wandte sich dann mit scharfen Worten gegen die deutsche Forderung nach Gleichberechtigung, die er als Forderung nach Wiederaufrüstung bezeichnete, kritisierte die Maßnahmen und das Verhalten des Reichs- wehrmintster«, der die Bildung einer deutschen Miliz ge. fordert habe, und griff dann die Verordnung vom 18. Sep- tember an. die nach HerriotS Auffassung der vorder -tung der deutschen Jugend zum Waffentragen diene. Wir kann man Kinder die Kunst des Tötens lehren, rief Herrio aus, wie kann man ernsthaft das schwer« FriedenSproble: r be handeln, wenn man nichts tut, um di« moralische Abrüstung herbeizuführen l Der Redner wteS noch einmal auf de» Friedenswillen Frankreichs hin, ferner auf die vorzeitige Räumung der Rheinlande und beklagte, daß Deutschland für alle Opfer Frankreichs keinen Dank gezeigt habe. Unter Hinweis auf da- Preußen der Befreiung-- kritge gab Herriot der Befürchtung Ausdruck, daß heute daS militärische Genie Deutschlands versuchen könnte, eine moderne Armee zu schaffen in der Ab- sicht, einen entscheidenden Stoß in daS Herz deS Gegner- zu führen. Der Redner beschäftigte sich dann mit dem Abrüstung-- versprechen der Alliierten. Man vergesse aber zu oft die Präambel zu Teil V des Versailler Vertrages und da erläuternde Dokument ClemeneeauS. Dieses Dokument präzisiere, daß die Abrüstung Deutschlands der erste Schritt au jener Herabsetzung und allgemeine« Beschränkung der Rüstungen sei, die di« gesamten Mächte durchzuführen suchen als eins der beste« Mittel, dem Kriege vorzubcugen, ein« RützungSherabsetzung, di« d«, Völkerbund als eine seiner ersten Pflichten herbetführe« müsse. Nachdem Herriot in nicht sehr klaren Ausführungen auf die Bedeutung des Artikels 8 der BölkerbundSsatzung hin- gewiesen und alle Maßnahmen Frankreichs in den letzten zehn Jahren für die Rüstung-Herabsetzung aufgezählt hatte, erklärte er, daß die „Sicherheit" die erste Voraussetzung für eine Abrüstung sei. Allein durch Schiedsgerichtsbarkeit könne kein Frieden aufgebaut werden. Di« Schaffung einer internationalen Streitmacht, di« Respektierung de« inter nationalen Verträge, die Beseitigung der Geheimdiplomatie, militärisch« und wirtschaftliche Sanktionen seien neben den, Schiedsgerichtsverfahren die notwendigen Elemente für die Lösung deS Problems. In dieser „Gegenseitigkeit de- Frie- denS" würde die Lösung de- von Deutschland aufgerollten Problems nicht schwer fallen. Cntftellungskünstler Herriot Dl« n«»st« Errungen» schäft der französischen Krtegotechnik. Motor» Patrouillen mit Flug» ^eugahwehr-M.-G. I Dieser Vergleich zeigt unwiderleglich, wie Herriot die tatsächliche« Verhältnisse in beiden Ländern geradezu auf den Kopf pellt. Das Gleich« gilt auch für den Teil der Rede, in dem der französische Ministerpräsident von der moralischen Abrüstung spricht. Es ist natürlich keine moralische Abrüstung, wenn sich noch! vor wenigen Tagen der Vorsitzende des französischen Obersten KriegSratc» bet der Turenne-Kundgebung in dem elsässischen Städt chen Türkheim das Wort de- Marschall» Ludwig» XlV. zu eigen gemacht hat, daß kein KriegSmann in Frankreich Ruhe habe, solange ei« Deutscher auf der linken Seite des Rhein- stehe. Das ist doch geradezu «ine Propagierung der Annektion d«s linken Rheinufers, und sie wiegt um so schwerer, als sie von dem einflußreichsten und hervorragendsten Vertreter der französischen Generalität betrieben wird. Wie sich derartig« Aeußerungen mit den» Begriff dsr moralischen Abrüstung vertragen, ist für Deutschland und sicher auch für neutral« Beurteiler schlechthin un verständlich. Auf gleichen schwachen Füßen stehen die historischen Erinnerungen, mit denen Herriot operiert, wenn e.r Deutschland vorwirft, es wolle ähnlich wie damals Preußen einen neuen Typus seiner^ Arm«e öder sogar eine Doppelarmee schaffen. Lazu lst^döch nur festzustellen, daß die Form unserer Armee uns durch den Versailler Vertrag aufgezwungen worden ist. Uns macht der französisch« Ministerpräsident Vorwürfe weil wir uns um die Organisation unserer Verteidi gung in den mehr al» engen Grenzen von versaille- bemühen. Für Frankreich aber ist nach Herriot di« nationale Verteidigung „nur eine der Formen der Bürgerpflichten". Da» ist ein Widerspruch- der da durch wirklich nicht geringer wird, daß er Herriot im gleichen Atemzuge mit den Beschuldigungen «egsn Deutschland unterläuft. Höchst unklar ist die Rolle, die der Artikel 8 der BölkerLund-satzung ,n der Rede spielt. Immer wieder greift -Dwiot auf diesen zurück, ohne aber nur einmal zu sagen, wa» er denn vorschretbt. E» ist de»halb vielleicht nützliche den Wortlaut heranzuziehen. Danach „bekennen sick^die Bundesmitglteder zu dem Grundsatz, daß die Aufrecht erhaltung de- Frieden» eine Herabsetzung dsr natta nalen Rüstungen auf da- Mindestmaß erfordert, da mit der nationalen Sicherheit und mit der Erfüllung internationaler Verpflichtungen durch gemeinschaftliche» Vorgehen vereinbar ist". Diese» Recht der „nationa len Sicherheit" wird Deutschland durch Frankreich ebenso verweigert wie Frankreich für sich nicht daran denkt, die in dem Artikel 8 verlangte .Herabsetzung der na- tiönalen Rüstungen auf da» Mindestmaß" durchzuführe«. Man steht also, wie Herriot mit der Zitierung dl» Kieler Frankreich; Friedensmasle Berlin, 25. Sept. Die heutige Rede HerriotS enthält eine solche Fülle von Ungeheuerlich, ketten und Schiefheiten, daß sie nicht ohne Ent» gegnung hingenommen werden kann. Das gilt schon gleich zu Beginn der Rede für die Behauptung, e» komme Deutschland nur auf «ine Wiederaufrüstung an. ivährend Frankreich den Frieden wolle. In Wirklich keit ist in allen deutschen Erklärungen zu diesem Thema auch in denen des Generals von Schleicher, auf die Herriot anspielt — immer wieder mit Nachdruck be» tont worden, dsatz wir jede» Waffenverbot, jede Ab rüstungsmaßnahme begrüßen und mitmachen würden. Herriot glaubt, die Maßnahmen der Reich»regterung zur Ertüchtigung der Jugend al» B«we»»mtttel anfüh» ren zu können und versteift sich dabei zu dem Satzvr „Wie kann man Kindern die Kunst de» Tö- ten»lehr«n!" Dabet hat der Leiter de» Kuratorium» für die Jugendertüchtigung, General a. D. von Stülp» nagel, in seinem bekannten Interview mit einem französischen Journalisten klar und deutlich auseinander, gesetzt, daß die Jugendertüchtigung nicht im geringsten militärischen Charakter haben soll. Im Gegensatz hier- zu ist Frankreich in der mtMLrischlen AuSbildunp.seiner Lugend allen Nationen geradezu richtunggebend vor- angegangen. Die Beteiligung an dieser Jugendau». btldung ist wichtigst, Voraussetzung für di» Beförda- mmg der aktiven Mannschaft«. sichert werden. Die ReichSregterung habe sich entschlossen, dem Beispiel anderer Länder zu folgen und folgende land, wirtschaftlich« Erzeugnisse zu kontingentieren: verschiedene Sorten Kohl, Tomaten, Zwiebeln. Schnittbohne«, Tafel trauben, die wichtigsten Dorten Obst, Nabelschnittholz nnd Papierholz, Schlachtrinder, Speck und Schmalz, Butte», vor» behältlich der besonderen Verhandlungen mit andere« Sün dern, Käse, Karpfen, Erbse« und RetSabfälle. Die Rsgterung set sich darüber klar, daß d«r «»ländisch« Produzent dieser Beschränkung der Einfuhr seiner Erzeugnisse nicht mit gemischten, sondern völlig ungemischten Gefühlen d«r Ablehnung gegenüberstrhen werde, aber e» gehe nicht, daß deutsch«» Gemüse auf den Komposthausen geworfen und de, Markt mit Auelandeware überschwemmt werde. Der Minister macht, dann wette« Mitteilungen von besonderen Mochnahmen für di» Ernte» finanzierung de» Weinbaue» und gab bekannt, daß die von der Landwirtschaft für langfristige Hypotheken in den nächsten zwei Jahren zu zahlende Zinslast um 2 Prozent, jedoch nicht unter «Prozent —auf da» Jahr gerechnet — erleichtert wird. Di« Zinsen sind erst am Schlüße der Tilgungoperiode zu entrichten. Weiter gab der Minister bekannt, daß eine umfangreich« Reorga nisation der Kreditverhältnisse und eine Vereinigung de» Ab schreibebedarf» bei den landwirtschaftlichen Genosftnschasttn, di« Einführung einer besonderen vergletch»ordnung sowie «ine» stär keren vollstr«ckung»schutze» für Befltzer und Pächter landwirt schaftlicher Betrieb« durchgeführt wird. Der Li» zur di«*jUrig«n Erm« dauernd« vollstwLwgeschutz wird bi» zu, nächstjährig«» Ernt» uaüängert. ' Die Kontingentierung der Landwirt- schaltserreugnilie Der Retch-ernährung-Minister über die kommenden Maßnahmen München, 26. Sept. Der Reich-mtntster für Er» nährung, Freiherr «.Brau«, hielt heute vormittag seine angekündigte Rede vor der Vollversammlung des Bay. rische« Landwirtschast-rate- und erklärte, daß da- Wirt schaft-Programm der ReichSregterung nur wenige Punfte enthalte, die di« Landwirtschaft unmittelbar betreffen, da nur mit der Beseitigung der Arbeitslosigkeit in der Jndu- strle und mit der Hebung der Kaufkraft die Not der Land, wirtschaft zu bannen sei. Die Landwirtschaft habe de« Be» weis erbracht, daß sie in de r Lage sei, geschützt gegen aus ländische Ueberflutung, die Nahrungsmittelversorgung Deutschland- au- eigener Scholle ficher»ustellen. Die Not der Landwirtschaft kennzeichnete der Minister u. a. daran, daß er ««führte, daß der Index auf dem Biehmckrkte heute 68 Prozent de- Indexe- au- der Friedenözeit auSmache, der Index der Düngemittelpreise sich aber aus 110 Prozent belache und der der Doziallasten auf SIS Prozmt. Bei mittelguter Ernte würden wir tm kommenden Jahre bereit» mtt einer landwirtschaftlichen Ueberprodultion zu rechnen Hst« und da- sprech» gegen dte Exportfanattker. D«, Ex» pow Mn» wicht allaiw och Kostka des Laudwtrtschcht ge»