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Ms- M Mcheblatt für den siehrk des Amtsgerichts Eibenstock und dessen HLmgebung ^7 1SL Abonneme«t viertelj. 1 M. 50 Pf. rinschließl. dr» »Jlluftr. UnterhaltungSbl.* u. der Humor. Beilage »Seifen blasen* in der Expedition, bei unseren Boten sowie bei allen Reichspostanstalten. Lrlkgr.-Ldreste: Amtsblatt. Erscheint täglich abends mit Ausnahme der Sonn- und Feiertage für den fol genden Tag. JnsertionspreiS: die kleinspaltige Zeile 12 Pf. Im amtlichen Teile die gespaltene Zeile 30 Pf. Fernsprecher Nr. Llü. Verantwortlicher Redakteur, Drucker und Verleger: Emil Hannebohn in Eibenstock. - H.7. n 58. Jahrgang. '—-.1^-— ' Freitag, des 3. Dezember Mene Tekel. Mas i>n b irrige «lachen Kreisen befürchtet wurde, ist geschehen: die Sozialdemokratie hat den Reichstags- Ivahlkriöis Halde zurückerobevt, den sie früher elf Jahre 'lang im Beisitz hatte. Erst in den Tagen der nationa len Erhebung bei den Januarwahlen 1907 war es ge- lung-enp den Sozialdemokvaten zu verdrängen und das nationale Banner im Wahlkreise aufzupflanzen. Jetzt ist es wieder niedrergeHM worden, und über Halle weiht von neuem die rote Fahne. Wie bei den Januariwahlen, so scheint auch jetzt die „Partei der Mchchwäihter" die Entscheidung gebracht W haben. Das ist jeye Gruppe, die politisch sich we nig interessiert zeigt und die nur durch starke Anregun gen auf die Beinp gebracht werden kann. Solche An regung war in dem g roßen Kampfe um die Kolonien ge geben, ider in weiterer Perspektive einen Kampf um die nationale Zukunft bedeutet hat. Da gingen zwar den ,-Genossen" keine Stimmen verloren, wohl aber ge wann der gemeinsame Kandidat des Bürgertums et wa 6000 Stimmen, die bei früheren Wahlen sich über haupt nicht bemerkbar gemacht hatten. Diese Par tei der NichvwäDer hat sich jetzt, wo die zündende Parole fehlte, wo die neuem Steuern ihre verargende Wirkung übten, wie es scheint, nicht im Schatten ge halten, sommern sie ist kaltblütig in das sozialdemokra tische Lager hinübergewechselt. War bei den Januar wahlen das Verhältnis zwischen den sozialdemokrati schen unsd den bürgerlichen Stimmen 21- zu 25 000, so ist es jetzt umgekehrt: „Genosse" Kunert erhielt 25- nnd der bürgerliche Kompromißkandidat Reimann nur 21000 Stimmen. Die Zahlen bei der Wahl in Halle reden eine be redte Sprache, es ist durch sie ein Warnungszeichen auf gerichtet, dessen eindringliche Sprache auch dadurch nicht abgeschwächt werden kann, daß es in Landsberg-Sol-- oäin mit Mühe und Not gelungen ist, einen seit alter' Zeit in bürgerlichem Besitz befindlichen Wahlkreis zu retten. Auch, die Hallesche Wahl bestätigt, was be reits die vier voraufgegangenen Reichstagsersatzwah len und die sächsischen und die badischen Landtagswah len bezeugt haben : das starke Wachsen der sozialdemo kroatischen Stimmen als Wirkung der neuen Reichs- steuern und zwar auf Kosten aller bürgerlichen Par teien. Die Verärgerung wegen der Stpuererhöhung allein hätte jedoch diesen Effekt nicht gebracht, sondern die sozialdemokratische Hetze, wie der revolutionäre Ra dikalismus die notwendige Steuervermehrung auszu beuten wußte, ist es, welche die sozialdemokratische Hoch flut herbeigeführt hat. Der „Vorwärts" sagt zu dem Siege seiner Partei: „Die Sozialdemokratie führte den Kampf gegen den geeinten bürgerlichen Block mit aller prinzipiellen Schärfe unter kräftiger Betonung des so zialistischen Endziels". Der Anwendung der revolu tionären Methode, der Verbitterung und Verhetzung der Wähler bis zum äußerstem schreibt die Sozial demokratie ihren Erfvlg zu. Der sozialdemokratische Wahlsieg, in Halle ist ein schlimmes Vorzeichen für die Zukunft, für die nächsten Reichstagswahlen, die der Sozialdemokratie vermut lich noch m^ehr Erfolge dieser Art bringen werden, wenn das Bürgertum sich nicht in ganz anderer Weise seiner Pflicht bewußt wird. Ungeachtet des Zusammenschlusses der bürgerlichen Parteien^ der gleich zu Beginn des Wahlkampfes zustande kam, konnte die Sozialdemo kratie diesen glänzenden Sieg erringen, weil die von ihr geschürte Verbitterung der Volksmassen stärker wirkte, als hie Uebsrzeugung von der Notwendigkeit, jeden weicheren Machtzuwachs der roten Partei zu verhindern. So ist die Mahl in Halle ein Menetekel für sie künf tigen Reichstagswahlen und jetzt namentlich im Hin blick auf den Wahlkreis Eisenach, in oem nunmehr doch, nachdem Herr Schack endgültig die Niederlegung seines Mandats angezeigt hat, eim grimmer Kampf entbren nen wird. Möchten alle bürgerlichen Parteien aus der Wahl in Halle lernen! Tagesgeschichte. Deutschland. — Dev Ausgang der Präsidentenwahl im Reichstage brachte eine Ueberraschung. Die Wiederwahl des konservativen Abgeordneten Grafen Stolberg zum Präsidenten sowie die Wahl des Zen trums - Abgeordneten Spahn zum ersten Vizepräsi denten wapen vorausgefehen woäden Nach den Ver lautbarungen der nationalliberalen Blätter war nun dieAnnahme weit verbreitet, daß der Abgeordnete Paa- sche die Stelle des zweiten Vizepräsidenten übernehmen Würde. Der Reichstag dachte auch so; denn von den für die Wahl des zweiten Vizepräsidenten abgegebenen 351 Stimmzetteln lauteten 221 auf Herirn Paasche, der Rest war unbeschrieben. Herr Paasche aber erklärte, „im Einverständnis mit seinen politischen Freunden" die ihn ehpende Wiederwahl ablehnen zu muss cm. So lange der deutsche Reichstag .existiert, hat noch kein Ab geordneter die auf ihn gefallene Wahl ins Präsidium abgelehnt. Ein ähnlicher Fall ereignete sich nur ein einziges Mal vor 30 Jahren: damals lehnte der be treffende Abgeordnete die Wahl ins Präsidium jedoch erst einige Zeit nach der Wahl auf Mund eingehender Erwägungen ab. Die Erklärung des Abgeordneten Paasche bedeutet, daß die Nationaliber.ale Reichstags fraktion den Kampf um die Finanzreform auch heute noch nicht vergessen hat, vielmehr das Tischtuch, zwischen sich einerseits u. Konservativen u. Zentrum andererseits auch heute noch als zerschnitten betrachtet. Auch die Freikonservatilven wollen keinen der ihrigen für den Posten des zweiten Vizepräsidenten stellen. Da aber auch weder zwei konservative noch zwei. Zentrums^Ab geordnete im Präsidium sitzen wollen, so wird wahr scheinlich ein Mitglied Id er Wirtschaftlichen Vereinigung zum 2. Vizepräsidenten gewählt werden. Der Abge ordnete von Damm soll dazu auserfehen worden sein. — In dem Gesetz, mir dem der neue Etat für 1910 dem Reichstage vorgelegt ist, wird der Reichskanzler ermächtigt, bis zum Betrage von 450 Millionen Mark Schatzanweisungen auszugeben. Da im Etat für 1909 diese Summe 600 Millionen Mark ausmachte, so ist auch in diesem Punkte eine beträchtliche Besserung des Reichsbudgets festzustellen. — Handelsvertrag, mit Bolivien. Auf dem Gebiete der Handelspolitik wird der Reichstag in seiner neuen Session sich auch mit ernem Handels verträge zu beschäftigen Habern den Deutschland, mit dem südamerikanischen Freistaat Bolivien abzuschlie ßen beabsichtigt. Die Verhandlungen über dieses Ver tragsinstrument fistd zwischen den beiderseitigen Re gierungen zu Ende geführt worden. Der Vertrag un terliegt zurzeit der Prüfung .des, Bundesrats. Einen eigenartigen Charakter erhält dieser Vertrag dadurch, Paß auch Flauen der Siaasangehörigkeit und Wehr pflicht in ihm zu ordnen sind. In Bolivien gelten nämlich all? dort drüben. Geborenen als Bolivianer und haben als solche auch der Wehrpflicht zu genügen. Auf Vorschlag der deutschen Regierung soll in Aussicht genommen Wochen sein, die deutsch-bolivianische Staatsangehörigkeit in. der Weise zu regeln, daß die Deutschen drüben und die Bolivianer in Deutschland nach Vollendung ihres 2l. Lebensjahres sich entschei den müssen., welchem Staate sie zugezählt werpen wol len. Diese Entscheidung wich auch für die Ableistung der Wehrpflicht hüben wie drüben maßgebend sein. Die S tad t - u nd L amd ge m e in d e s ch u! - den im deutschen Reiche belaufen sich auf l 7'/, Nil- liachen Mark, ein.? Folge der sozusagen obligatorisch gewordenen Pumlpwirtschaft. Das Reich selbst mit sei nen vier MiMachen Schulden, die schon drückend genug sinh, blieibt da hintersten Städten und Landgemein den poch weit zurück. — Vom Getreich emarkt. Deutschland hat seit Anfang August etwa 923000 Tonnen Getreide vom Auslände bezogen. Das meiste ging nach dem Westen, während Nord- und Mitteldeutschland verhältnismäßig wenig davon abb.ekvmm.en har: der iudustriereiche We freu ist bekanntlich immer auf fremde Zufuhr ange wiesen. Anderseits hat Deutschland seit August 143 000 Tonpen Weizen an das. Ausland abgegeben. — Mittel st and und Hansabünd Im deut schen Mittelstand, in dem die Einigkeit leider noch nie Heimatrecht erwerben konnte, ist ein ausgesproche ner Gegensatz der Meinungen gegenüber oem Hansa- bund.zu verzeichnen. Eine in Berlin zusammengetre tene Generalversammlung der Deutschen Mittelstanos- vereinigung bezeichnete einstimmig ein Zusammengehen der Deutschen Mittelstandsvereinigung mit dem Hansa- bund «als im wohlverstandenen Interesse des Mittel standes liegend Damit wurde ein offener. Gegensatz proklamiert zu der unlängst in Leipzig gefaßten Re solution der , ,De le gierte n ve rsammlun g des Deutschen Mittelstandes", .die allen Mittelständlern von einer Teilnahme ,am Hansaibund abriet. — Der; Kieler Werft P roze ß. Die Staats anwaltschaft beantragte das Schuldig gegen alle An geklagte mit Ausnahme des Siegfried Jacobsohn. Die Rede des ersten Staatsanwalts Greffrath war in man cher Beziehung interssssant. Er griff die Angeklag ten nicht in der berühmt gewordenen „schneidigen" Weise an, verstand sich vielmehr, dazu, ihnen hier und da Schmeicheleien zu sagen. Frankenthal, erklärte er un ter anderem, habe sich ganz famos verteidigt, man werde von ihm ein Plädoyer zu hören bekommen, das das jenige seines Verteidigers wohl in den Schatten stellen werde. Frankenthal sei ein höchst begabter Mensch gewesen, der auch lallen, denen es einmal schlecht ging, hilfreich beisprang, überfeine geschäftlichen Beziehun gen zur Werftverwaltung seien nicht einwandsfrei ge wesen. Besonders hob der, Staatsanwalt hervor, daß durch Frankenthals zweifellos übertriebene Anklagen nicht ein einziger höherer Beamter der Werftverwal tung kompromittiert worden sei. Der Angeklagte Chrunst habe seine Verfehlungen selbst eingestanden. Gegen Rat Heinrich hätte die Staatsanwaltschaft gerne die Freisprechung beantragt aber es ging nicht, ohne Wissen des Angeklagten Heinrich waren oiese Dings auf der Werft nicht möglich. Für den Angeklagten Jacobsohn gelte ungefähr dasselbe, was für Franken thal gesagt wurhe. Schuldig zu sprechen seien gleich falls die Angeklagten Brakel, Rieten und Farsbutter. Nur gegen Siegfried Jacobsohn müsse die Freisprechung beantragt werden. Frankreich. — Ueber die deutsch-französischen Beziehun gen äußerte sich im Anschluß an die Thronrede unser Pariser Botschafter Fürst Radolin zu einem Vertreter des »Petit Paristen* in sehr befriedigender Weise. Er sagte: Für mich bedeutet es eine besondere Befriedigung, zu kon statieren, daß das deutsch-französische Marokko-Abkommen vom Februar ein wichtiger Schritt zwischen den beiderseitigen Interessen in Marokko war. Wenngleich der Eifer einiger französischer Kolonialpol'tiker in Deutschland gewisse Beden ken erregt, so werden diese doch in den deutschen Regierungs kreisen nicht geteilt, denn man schätzt dort zu sehr die maß volle und loyale Politik des französischen Ministers des Auswärtigen Pichon, die keinen Zweifel daran aufkommen läßt, daß unsere Interessen in Marokko gewahrt werden. — Die Aufnahme der deutschen Thron rede in der Pariser Presse ist eine wenig liebenswürdige. — Geständiger Verbrecher. Nach Meldungen aus Verdun hat der Unteroffizier Taraco, gegen den sich der Verdacht richtete, daß er eine ganze Schwadron durch Zyankali habe vergiften wollen, das Verbrechen eingestanden. Zwei Soldaten deS 18. Husarenregimenls haben, wie die Blätter melden, trotz des starken Geruches von der vergifteten Suppe gegessen und sind lebensgefährlich erkrankt. England. — Die Ablehnung der Steuervorlagen der Regierung ist mit einer über Erwarten großen Mehrheit erfolgt, das zeigt, daß die Lords ihre Sache keines wegs als verloren ansehen und weder an eine wesentliche Beschränkung ihrer parlamentarischen Befugnisse noch gar an eine gänzliche Beseitigung des Oberhauses glauben. Die Vertreter der Regierung und der liberalen Partei kündigten den Lords den Kampf bis aufs Messer an und sprachen sich recht zuversichtlich aus. Diese energische Haltung täuscht je doch nicht darüber hinweg, daß man in diesen Kreisen ernste Bedenken ob des glücklichen Gelingens hegt. Es gibt be kanntlich kaum ein anderes Volk der Erde, das in seinen Neigungen so konservativ ist und so zähe am Althergebrachten und Traditionellen festhält wie das englische. Darauf bauen die Lords. Kommt es im neuen Jahre zu der Volksab stimmung, so hoffen sie auf einen Sieg der Konservativen. Auch Joe Chamberlain und seine Schüler haben kräftig vor gearbeitet und die Werbetrommel für den Hochschutzzoll, wie neuerliche Wahlergebnisse bewiesen, nicht ohne Erfolg gerührt. Es fragt sich nun ob bei der Neuwahl im Januar die liebe- ralen Freihändler oder aber die konservativen Schutzzöllner den Steg davontragen werden. Griechenland. — Die Untersuchung in der Angelegenheit dev Meuterei des Typaldos und seiner Genossen ist.beendet. Die Haupichädelsführer werden teils vor das Schwur- und teils vor das Zuchtpoligeigericht ge stellt wersden. Amerika. — Die Weichensteller von dreizehn Linien der amerikanischen Northwestern Railroad sind in den Au» - stand getreten. Infolge des Ausstandes sind viele Güter züge ausgefallen, auch die Personenzüge verkehren unregel mäßig.