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Amts- und AnzeiMatt für den Abonnement SL--- Lyirk des Lmlsgeiichls Libenftsck LL-ZZ sirtionSpreiS: die kleinsp. ten, sowie bei allen Reichs» Zeile 10 Pf und dessm Amgebung. P°st°nst°lten Beramwortlicher Redacteur: E. Hannevohn in Eibenstock. . 37. z-yrg-ug. IIS. Dienstag, den 23. Sestimber 18SV. Wontag, den 29. Septemöer 1890, v. Worin, v-11 Hthr an im Amtsgerichtsgebäude zu Eibenstock. Schwarzenberg, am 20. September 1890. Königliche Amtshauptmannschast. 0 Frhr. v. Wirsing. Wglr. 11. össkntliche Sitzung der Stndwcrnrdiiclcn Dienstag, den 23. September 1890, Abends 8 Mr im Rathhausfaale. Der Stadtverordneten-Vorsteher. Richard Hertel. 1) Prüfung und Richtigsprechung der Stadtkassenrechnung für 1889, 2) desgl. der Sparkassenrechnung für 1889, 31 Mittheilung über die Geldbeihilfe für die Volksbibliothek, 4) deSgl. über die Geldbeihilfe für die Fortbildungsschule, 5) Rathsbeschluß, die Gewährung einer Geldbeihilfe für das Germanische Mu seum in Nürnberg betr., 6) deSgl. die Festsetzung der Breiten zweier Straßen im Bebauungsplan über das sogenannte Freihofsareal betr., 7) ein Dankschreiben. 8) Rathsbeschluß, die Weiterführung der Wasserleitung in der Wiesenstraße betr., 9) desgl. Auswechselung von Holzröhren der Wasserleitung im Crottensee betr., 10) Mittheilung über die stattgehabten Kassenrevisionen, 11) Rathsbeschluß, die Einführung einer allgemeinen Wasserleitung betr., 12) Etwaige weitere Eingänge. Hierauf geheime Sitzung. Die Mac Kinley-Bill. Das Musterland der Schutzzölle sind die Ver. Staaten von Nordamerika. Infolgedessen weisen die amerikanischen Staatskassen einen Ueberschuß auf, dessen Anwachsen geradezu zu einer Kalamität zu werden drobte und gesetzgeberische Maßnahmen noth- wendig machte. Indessen hat man die Zölle keines wegs aufgehoben oder auch uur ermäßigt: im Gegen- theil. Die Mac Kinley-Bill, deren Gesetzwerdung außer Zweifel steht und die am 1. Februar des kommenden Jahres in Kraft treten soll, erhebt die Einführung beliebiger neuer Zölle zu einem System, das außerordentlich störend, theilweise sogar vernich tend auf die nordamerikanische Einfuhr wirken muß. Der Präsident der Ver. Staaken wird durch die neuen gesetzgeberischen Maßnahmen direkt zum handels politischen Diktator ernannt. Die Schlacht-Aufsichts bill hat zunächst den Zweck, durch eine gründliche Prüfung des nach Europa auszuführenden Fleisches den Regierungen Deutschlands, Frankreichs und Eng lands jeden Borwand zu ihren Einfuhrverboten für amerikanisches Schweinefleisch, Schmalz und Speck zu nehmen. Diese Bill enthält eine Klausel, wonach der Präsident solchen Staaten, welche nach seiner An sicht „ungerechte" Einfuhr- oder Verkaufsverbote oder Erschwerungen betreffs amerikanischer Maaren fest setzen, ohne weiteres die Einfuhr ihrer Maaren in die Ver. Staaten zu verbieten. Die Gültigkeit eines solchen Verbotes beginnt, wenn der Präsident will; — sie erlischt, wenn der Präsident wieder will. Der Präsident wird weiter ermächtigt, wenn er glaubt, daß fremde Nahrungsmittel verfälscht werden, deren Einfuhr zu verbieten und über die Einführer Geld- und Freiheitsstrafen zu verhängen. Von dem bloßen „Glauben" des Herrn Harrison wird es also abhängen, ob eines TageS der gesammte Einfuhr handel in Amerika verboten wird. Derselbe betrug nach den Ziffern der beiden letzten Jahre jährlich etwa 750 Mill. Dollar! Das ist aber noch nicht alles. Die Mac Kinley-Bill setzte ursprünglich für Kaffee, Zucker, Lhee und Häute Zollfreiheit fest. Der Senat hat hierin noch eine (eben zur Berathung stehende) Aenderung vorgeschlagen, wonach der Prä sident nach seinem Gutdünken auch auf diese Artikel Zölle legen kann, wenn sie aus einem Lande stammen, das der amerikanischen Ausfuhr nicht besonders gün stige Bedingungen stellt. , Abgesehen von ganz absolutistisch regierten Staaten, wie Rußland, hat noch kein Staatsoberhaupt so weit gehende Vollmachten in handelspolitischer Beziehung besessen und eS besteht kein Zweifel, daß Herr Harri son davon einen ausgedehnten Gebrauch machen wird. Wir werden einen Zollkrieg in des Worte- eigenster Bedeutung erleben, der jetzt schon, ehe er begonnen hat, seine Opfer fordert. Von den 15,000 Arbeitern, welche Wien in der Perlmutter-Industrie beschäftigt, haben bereit- 10,000 ihre Kündigung erhalten, weil die Fabrikanten au« Furcht vor den Folgen der Mac Kinley-Bill ihre Ausfuhr in Perlmutterknöpfen nach Amerika aufgegeben haben. 10,000 Arbeiter brotlos vier Monate vor Jnkraftreten der neuen amerikanischen Zollmaßnahmen! Die Amerikaner haben sich da einen Kriegsplan zurechtgelegt, dem von Europa aus nicht beizukommen ist und unter dem zweifellos die drei bedeutendsten Industriestaaten England, Deutsch land und Frankreich schwer zu leiden haben werden. Bestände nun nicht in Frankreich die unüberwindliche Abneigung (ein eigentlich viel zu milder Ausdruck) gegen Deutschland, so ließe sich vielleicht ein europä isches Uebereinkommen treffen, das Gleiches mit Gleichem vergälte und Herrn Harrison mindestens recht vorsichtig in der Handhabung der ihm in die Hände gelegten Vollmachten machen würde. Wie die Dinge aber einmal liegen, steht auf der einen Seite ein mächtiger Diktator, auf der anderen, an gegriffenen, ein zerstreuter Haufe, dem die einheitliche Leitung fehlt. Der Umstand, daß Frankreich darunter ganz er heblich mit bluten muß, macht vielleicht die leitenden Kreise an der Seine für den Gedanken an eine An näherung an Deutschland zugänglicher und dann hätte die sonst für ganz Europa so verderbliche Mac Kinley-Bill auch ihre gute Seite. Hagesgeschichle. — Deutschland. Der Kaiser hat sich am 20. d. Nachmittags mit seiner nächsten Umgebung von Liegnitz aus zum Besuch des Grafen Moltke nach Schloß Kreisau begeben, wo die Mittagstafel stattfand; nach derselben erfolgte um 7 Uhr die Weiterreise über Liegnitz nach Bunzlau und nach der Ankunft daselbst um 9 Uhr Abends die Fahrt zu Wagen nach Klitschdorf, wo der Kaiser bis Mon tag Abend zu bleiben gedachte. In Theerbude, wo selbst der Kaiser am Dienstag eintreffen wollte, dauert der Aufenthalt bis zum Ende des Monats. Dann erfolgt die Reise nach Wien. — Liegnitz, 20. Septbr. Der Kaiser führte beim heutigen Manöver beide Armeekorps zu sammen gegen einen vom Generaladjutant v. Wittich kommandirten markirten Feind. Zwei Armeecorps in einer Fronc, es gewährte dies ein selten gesehenes Gefechtsbild. Nach Beendigung der Uebungen und nachdem der Kaiser die Kritik abgehalten, sprach er dem Kaiser von Oesterreich und dem Könige von Sachsen seinen Dank für ihre Anwesenheit bei den Manövern aus. Zugleich gab er der Hoffnung Aus druck, daß beide Majestäten die Ueberzeugung ge wonnen haben würden, daß die preußische Armee unter seiner Führung ebenso tüchtig geblieben sei, wie sie unter dem hochsel. Kaiser Wilhelm gewesen, wodurch die Bürgschaft für die fernere Festigkeit und Stärke der bestehenden Waffenbrüderschaft gegeben sei. Kaiser Franz Joseph dankte zugleich im Namen de« Königs von Sachsen, wobei er erklärte, er sei stolz darauf, einen Bundesgenossen zu haben, der über solche Truppen verfüge. Mittag« 12*/. Uhr trafen die Majestäten in Liegnitz ein, wo sie von den Spitzen der Behörden empfangen wurden. Auf der Fahrt nach dem Schlosse wurden die Monarchen von der dichtgedrängten Menschenmasse stürmisch begrüßt. In den Straßen bildeten Vereine, Gewerbe und Schulen Spalier. In dem ersten Wagen fuhren die beiden Kaiser, in dem zweiten König Albert. Um 1 Uhr fand im Schlosse Dejeuner statt. Die Abreise de» Kaisers von Oesterreich war auf 2 U. 30 Min., die des Königs von Sachsen auf 2 U. 35 Min. und des Kaisers Wilhelm auf 2^ Uhr festgesetzt. — Speyer, 19. September. Heute Vormittag fand hier unter Theilnahme der Behörden die Weihe des Platzes und der erste Spatenstich zu der von den deutschen Protestanten zu erbauenden Pro testationskirche statt. Die Mitglieder des in Mannheim tagenden Gustav-Adolf-Bereins waren mit Extraschiffen zu der Feier eingetroffen. Die Stadt hat Flaggenschmuck angelegt. — Die gottesdienstliche Feier, welche heute auf dem Bauplatze der Gedächt- nißkirche der Protestation von Speyer im Jahre 1529 abgehalten wurde, erfolgte im Anschlüsse an die in Mannheim tagende44. Hauptversammlung desGustav- Avolf-Vereins. Nach einer von dem Pastor Professor Gümbel gehaltenen Festrede that Konsistorial-Rath Risch den ersten Spatenstich. Den Schluß der Feier, welcher eine sehr zahlreiche Menge beiwohnte, bildete eine Rede des Professors Fricke. — Rußland. Aus Kalisch wird berichtet, daß anläßlich der immer mehr um sich greifenden freiwilligen Auswanderung aus dem russischen Reiche von den Behörden eine Reihe Gegenmaßregeln ge plant sind. So sollen alle Personen, welche freiwillig auswandern, eine gewisse Steuer zahlen. Auch soll eine Untersuchung und Prüfung der Verhältnisse der Land- und Fabrikarbeiter und event. die Abstellung vorhandener Uebelstände erfolgen. Letzteres wäre wohl der Hauptpunkt der ganzen Angelegenheit. — Portugal. Die Drahtmeldungen aus Lissa- bon waren in der letzten Zeit sehr spärlich geworden, weil die Regierung eine sehr strenge Depeschenzensur übte. Erst auf brieflichem Wege erfuhr man von Vorgän gen, welche auf die Lage des Landes ei» grelles Licht werfen und den Beweis liefern, daß die Re volutionsbestrebungen immer mehr Anhänger gewinnen. Der Hauptgrund der allgemeinen Unzu friedenheit ist, wie schon mitgetheilt, in dem englisch portugiesischen Abkommen bezüglich Afrikas zu er-" blicken. Die Aufregung, welche sich der Portugiesen bei der ersten Ankündigung des Abkommens vom 5. August bemächtigte, ist noch in frischer Erinnerung. Inzwischen haben sich zahlreiche Versammlungen aus allen Klassen des Volkes mit rücksichtslosester Schärfe gegen die Genehmigung des Abkommens ausgesprochen, und zwar nicht nur Versammlungen, welche dem Ein fluß gewissenloser Volksverführer erliegen konnten, sondern so angesehene Körperschaften wie die geo graphische Gesellschaft, die industrielle Vereinigung, die Handelskammer von Lissabon. Die Krankheit de« Königs, die Unentschlossenheit der Regierung, trugen zur Ermunterung jener Parteien bei, welche der Dynastie überhaupt feindlich entgegenstehen, und Massenaufzüge vor dem Hause de« Ministerpräsidenten, wie vor dem Königlichen Schlosse, die Drohung ein zelner Blätter, auf die Genehmigung des Abkommens mit dem Bau von Barrikaden zu antworten, die Auf bietung der ganzen Garnison, die Besetzung aller freien Plätze und Amtsgebäude, der Zusammenstoß von Truppen und Bürgern, bei welchen es sieben Todte u. viele Verwundete gab, zahllose Verhaftungen,